BGB § 138 § 242
Leitsatz
1. Der Zugewinnausgleich ist einer ehevertraglichen Disposition im Hinblick auf die nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleichs im System des Scheidungsfolgenrechts am weitesten zugänglich (Festhaltung an Senatsurt. BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601).
2. Zur Bedeutung von salvatorischen Klauseln in Eheverträgen.
BGH, Urt. v. 21.11.2012 – XII ZR 48/11 (OLG Frankfurt/Main, AG Dieburg)
1 Tatbestand:
Die Parteien streiten im Scheidungsverbund um Zugewinnausgleich und dabei insbesondere um die Wirksamkeit eines Ehevertrages.
Der 1956 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1957 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am 26.9.1985, nachdem sie zuvor zwölf Jahre lang durch eine nichteheliche Lebensgemeinschaft miteinander verbunden gewesen waren. Am 25.9.1985, dem Tage vor der Eheschließung, hatten die Parteien einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, durch den sie Gütertrennung vereinbarten, den Versorgungsausgleich ausschlossen und für den Fall der Scheidung gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt verzichteten; ferner war in dem Vertrag geregelt, dass eine etwaige Unwirksamkeit einer Vertragsklausel auf die Wirksamkeit des Vertrages in seinen übrigen Teilen keinen Einfluss haben sollte. Aus der Ehe der Parteien sind drei Kinder hervorgegangen, die in den Jahren 1988, 1989 und 1996 geboren wurden.
Die Ehefrau ist gelernte Bankkauffrau, hat in diesem Beruf nach Abschluss ihrer Ausbildung im Jahre 1977 allerdings nie gearbeitet. Zwischen 1977 und 1984 war sie als Büroangestellte bei den amerikanischen Streitkräften in Deutschland tätig. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im September 1985 war sie arbeitslos. Der Ehemann ist Polizeibeamter, der bei Abschluss des Ehevertrages im Rang eines Polizeiobermeisters im mittleren Polizeivollzugsdienst beschäftigt war.
Der Ehemann engagierte sich seit dem Jahre 1983 als stiller Teilhaber beim Aufbau eines großen Fitnessstudios. Im Jahre 1997 veräußerte er diese Beteiligung; der Erlös floss in die Finanzierung eines im Alleineigentum des Ehemannes stehenden Einfamilienhauses. Die Ehefrau war während der Ehe zeitweise auf der Basis eines sozialversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses in dem Fitnessstudio geringfügig beschäftigt gewesen; eine darüber hinausgehende Erwerbstätigkeit übte sie bis zur Trennung der Parteien im Januar 2008 nicht mehr aus. Aus der Aufteilung eines gemeinschaftlichen Bankguthabens erhielt die Ehefrau nach der Trennung rund 23.000 EUR.
Das Scheidungsverfahren ist seit dem 4.3.2009 rechtshängig. Die Ehefrau hat in den Folgesachen Unterhalt und Zugewinnausgleich Stufenklagen erhoben und – in der ersten Stufe – von dem Ehemann Auskunft über seine sämtlichen Einkünfte zwischen September 2008 und August 2009 einerseits und über sein Endvermögen zum Stichtag 4.3.2009 andererseits verlangt. Das Amtsgericht hat durch Teilurteil den Ehemann antragsgemäß zur Erteilung von Auskünften über sein Einkommen in der Folgesache Unterhalt verurteilt; den Auskunftsantrag in der Folgesache Zugewinnausgleich hat es demgegenüber abgewiesen. Die Ehefrau hat gegen die Abweisung ihrer güterrechtlichen Auskunftsklage Berufung eingelegt und ihre Klage in der Berufungsinstanz um den Antrag erweitert, den Ehemann zur Erteilung einer Auskunft über sein Vermögen zum Trennungszeitpunkt am 1.1.2008 zu verurteilen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Revision der Ehefrau, die ihre güterrechtlichen Auskunftsansprüche weiterverfolgt.
2 Aus den Gründen:
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg. ( … )
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Parteien den Zugewinnausgleich im vorliegenden Fall wirksam ausgeschlossen haben.
a) Wie der Senat wiederholt dargelegt hat (grundlegend Senatsurt. BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 604 ff.), darf die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten – unter angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede – bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im Übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenreg...