OLG Brandenburg Beschl. v. 27.12.2019 – 13 UF 74/15
1. Die Abänderung eines Vergleichs (§ 239 FamFG) ist nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu beurteilen und eine Anpassung hat unter größtmöglicher Wahrung der vertraglichen Maßstäbe und Wertungen zu erfolgen. Hierbei ist der geänderte Unterhaltsanspruch unter Einarbeitung der geänderten Elemente anhand des bisherigen Rechenweges und unter Beibehaltung der unveränderten Elemente zu ermitteln (vgl. BGH FamRZ 2017, 370 m.w.N.).
2. Die Erwerbsobliegenheit eines unterhaltsberechtigten Ehegatten kann sich unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe bei Geburt und Kindererziehung mit einer erheblichen Berufspause zunächst auf längere Fortbildungen zum Wiedereinstieg in den gelernten Beruf richten (hier anderthalb Jahre für eine Erzieherin bei vieljähriger Berufspause).
3. Ohne eine vergleichsvertragliche Bindung an die Höhe eines Unterhaltsanspruchs kann der Abänderungsgegner im Änderungsverfahren auch erstmals Vorsorgeunterhalt beanspruchen. Hierbei muss er noch keine konkreten Angaben über Art und Weise der beabsichtigten Vorsorge machen, sondern kann sich auf die Angabe des Verwendungszweckes und des insoweit geltend gemachten Betrages beschränken (vgl. Wendl/Gutdeutsch, UnterhaltsR, 10. Aufl., § 4 Rn 864, 865 m.w.N.). Insoweit ist indessen nur der geltend gemachte Gesamtunterhaltsbetrag für das Gericht bindend (§ 308 ZPO), nicht aber die beanspruchte Aufteilung in Elementar- und Vorsorgeunterhalt. Der Vorsorgeunterhalt ist Bestandteil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs, der allerdings wegen unterschiedlicher Zweckbindungen nach einer gesonderten Geltendmachung im Beschluss eigens zu beziffern ist (vgl. Senat, Beschl. v. 5.10.2018 – 13 UF 59/18, Rn 38 m.w.N., juris).
4. Bei mehrstufiger Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts haben zur Ermittlung des vorläufigen Elementarunterhalts diejenigen Einkommensbestandteile des Unterhaltsgläubigers, die keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichstehen, sondern ihrer Art nach selbst schon als Altersvorsorge geeignet sind, wie etwa ein Wohnvorteil, als Anknüpfung für eine Altersvorsorge außer Betracht zu bleiben; sie sind deshalb auf der ersten Berechnungsstufe noch nicht bei der Bedarfsermittlung, sondern erst bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen und erst in der dritten Berechnungsstufe auch zur Bedarfsermittlung heranzuziehen (vgl. Senat, Beschl. v. 26.4.2016 – 13 UF 1/13, Rn 118 – 120 m.w.N., juris).
5. Die einem Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegenstehende Haftungsverschärfung nach § 241 FamFG setzt, anders als nach § 818 Abs. 4 BGB, nicht erst mit Rechtshängigkeit des Rückforderungsverfahrens ein, sondern bereits mit Rechtshängigkeit eines Abänderungsverfahrens nach § 239 FamFG (vgl. Wendl/Siebert, UnterhaltsR, 10. Aufl., § 6 Rn 215 m.w.N.).
6. Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Einkommensrückgängen wegen Altersteilzeit.
7. Regelmäßig keine Herabsetzung oder Befristung des Trennungsunterhaltes wegen lang dauerndem Scheidungsverfahren (vgl. Staudinger/Voppel, (2018) BGB, § 1361 Rn 246; Wendl/Bömelburg, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 4 Rn 88 jew. m.w.N.; Senat NZFam 2016, 983 Rn 288).