1. Rechtskräftige Entscheidung zum VA
Der Anspruch setzt einen durchgeführten, also rechtskräftigen VA voraus. Das ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 33 VersAusglG. Die Versorgung der ausgleichspflichtigen Person wird jedoch erst ab Rechtskraft des VA gekürzt; vorher besteht also kein Bedarf, die Kürzung auszusetzen.
2. Versorgungsbezug aus gekürztem Anrecht i.S.d. § 32 VersAusglG
Die ausgleichspflichtige Person muss aus mindestens einem Anrecht im Sinne des § 32 VersAusglG eine laufende Versorgung beziehen, die durch den VA gekürzt worden ist. § 32 VersAusglG listet ausschließlich Anrechte der sog. Primärversorgung auf, d.h., Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung, Beamtenversorgung, berufsständischen Versorgung (Bsp.: Ärzteversorgung, Rechtsanwaltsversorgung), der Alterssicherung der Landwirte und Versorgungen der Abgeordneten und Regierungsmitglieder von Bund und Ländern. Diese Beschränkung der Härtefallregelung ist verfassungsgemäß. Da die §§ 33 f. VersAusglG auch auf nach altem Recht durchgeführte Verfahren anzuwenden sind, war zu klären, ob auch solche Kürzungen erfasst sind, die nach altem Recht zwar in der gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt sind, jedoch wegen Anrechten, die nicht aus dem Katalog des § 32 VersAusglG stammen (sog. Supersplitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F.). Das hat der BGH verneint.
3. Keine Geringfügigkeit
Die Kürzung muss die Geringfügigkeitsgrenze gem. § 33 Abs. 2 VersAusglG übersteigen. Für Anrechte mit einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße beträgt die Grenze 2 %, für alle anderen Anrechte 240 % der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Maßgeblich sind Werte zum jeweiligen Ehezeitende. Im Jahr 2021 lagen diese Grenzen für eine Rente bei 65,80 EUR, im Übrigen bei einem Kapitalbetrag von 7.896 EUR. Dabei ist es auch im Jahr 2022 geblieben. In der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechen 65,80 EUR Rente einem Kapitalwert von 14.869,89 EUR. Weil die maßgebliche Bezugsgröße (jetzt) aber der Entgeltpunkt ist, ist der Kapitalbetrag des Ausgleichswertes maßgeblich, so dass diese Wertgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung schneller erreicht wird als bei anderen Anrechten. Bei mehreren Bausteinen einer einheitlichen Versorgung ist die Kürzung hinsichtlich sämtlicher Bausteine auszusetzen, auch wenn die Rentenkürzung eines einzelnen Bausteins nur gering ist.
4. Kein Versorgungsanspruch der ausgleichsberechtigen Person
Die ausgleichsberechtigte Person darf aus dem betroffenen Anrecht noch keinen Anspruch auf eine Versorgung haben. Unschädlich ist, wenn sie aus sonstigen Anrechten bereits eine laufende Versorgung (z.B. wegen Invalidität) bezieht. Nach h.M. schadet im Übrigen schon der Anspruch, nicht erst der Versorgungsbezug durch die ausgleichsberechtigte Person. Anders ist es nur dann, wenn der Anspruch auf eine Versorgung zwar schon besteht, dessen frühzeitige Geltendmachung aber durch einen Versorgungsabschlag erkauft werden müsste.
Im Beispielsfall 2 bezieht die F zwar Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung. Sie erfüllt aber nicht die Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung aus dem ihr übertragenen Anrecht der berufsständischen Versorgung.
5. Gesetzlicher/vereinbarter Unterhaltsanspruch der ausgleichsberechtigten Person
Weitere Voraussetzung ist nach dem Wortlaut, dass die ausgleichsberechtigte Person ohne die Kürzung durch den VA einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegen die ausgleichspflichtige Person hätte. Das bedeutet aber weder, dass der Unterhaltsanspruch nur ohne die Kürzung bestehen muss, noch, dass er überhaupt höher wird, wenn die Kürzung (teilweise) ausgesetzt wird; die Härtefallregelung greift allein aufgrund der Doppelbelastung durch Rentenkürzung einerseits und Unterhaltspflicht andererseits. Insoweit ist auch nicht erforderlich, dass diese Doppelbelastung im Einzelfall eine unzumutbare Belastung darstellt. Der Gesetzgeber stellt auf einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch ab, damit die Ehegatten nicht durch Vereinbarung eines vertraglichen Unterhaltsanspruchs die Anwendung des § 33 VersAusglG mutwillig herbeiführen können. Schließen die Ehegatten einen bestehenden gesetzlichen Unterhaltsanspruch aber vertraglich aus oder verringern sie ihn, so beschränken sie damit auch die Anwendung der §§ 33 f. VersAusglG. Insoweit gelten aber Besonderheiten (s.u. V.).