a) Hauptformen
Historisch (in der heutigen Praxis dagegen weniger) werden folgende Formen einer Depression unterschieden:
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Die reaktive Depression wird als Reaktion auf ein aktuell belastendes Ereignis verstanden und heute als mögliches Symptom einer Anpassungsstörung (ICD-10: F 43.2) diagnostiziert; letztere wird allerdings regelmäßig auf einen Zeitraum von etwa sechs Monaten begrenzt. |
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Der Begriff der endogenen Depression umfasst ein depressives Syndrom ohne erkennbare äußere Ursache, Auslöser sind meist veränderte Stoffwechselvorgänge im Gehirn und genetische Veranlagungen. Im klinischen Alltag wird sie als eine Form der affektiven Psychose bezeichnet. |
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Die neurotische Depression oder Erschöpfungsdepression soll durch länger andauernde belastende Erfahrungen in der Lebensgeschichte verursacht sein. |
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Die somatisierte Depression (auch maskierte bzw. larvierte Depression genannt) ist eine Depression, bei der körperlichen Beschwerden das Krankheitsbild prägt. |
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Unter agitierter Depression wird eine innere Unruhe verstanden. Der Patient wird von einem rastlosen Bewegungsdrang, der ins Leere läuft, getrieben, zielgerichtete Tätigkeiten sind nicht möglich. Das Mitteilungsbedürfnis ist gesteigert und führt zu ständigem einförmigen Jammern und Klagen. |
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Als späte Depression gilt eine erstmals nach dem 45. Lebensjahr auftretende Depression; Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Hiervon zu unterscheiden ist die Altersdepression, die erstmals nach dem 60. Lebensjahr auftritt. |
b) Sonderfall: Dysthymie
Zum Formenkreis der depressiven Erkrankungen gehört auch die Dysthymie. Es handelt sich um eine Form einer anhaltenden affektiven Störung, bei der es zu einer chronischen leichten depressiven Verstimmung kommt. Sie muss kontinuierlich, d.h. an den meisten Tagen der Woche vorliegen und über mindestens zwei Jahre bestehen. Häufig besteht ein hoher subjektiver Leidensdruck; der Betroffene kann den Zustand aber oft nur schwer problematisieren, da er für ihn zu einem Normalzustand geworden ist. Da aufgrund der Chronizität ein "gesunder" Bezugsrahmen fehlt, entfällt beim Betroffenen die Hoffnung darauf, dass es in Zukunft einmal anders werden könnte. Betroffene sind meist in der Lage, ihren Alltag zu bewältigen. Ihre Störung erfüllt – wenn überhaupt, dann meist nur kurzfristig – aber nur die Kriterien einer leichten depressiven Episode.
Beispiel: Die Ehefrau wird in der Ehe jahrelang gedemütigt, kritisiert und bevormundet. Mit der Zeit hält sie das für normal, "kleine" Demütigungen sind für sie ein "guter Tag".
Vom Sachverständigen werden hier regelmäßig folgende Fragen zu klären sein:
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Von welcher äußeren und inneren Situation wird gesprochen, wenn eine Depression schon vor Trennung behauptet wird? |
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Hat die Betroffene – u.U. schon vor der Ehe – an Dysthymie gelitten? |
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Ist in der Ehe – u.U. schleichend – eine Dysthymie entstanden? |
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Hat die Betroffene klar erkannt, dass sie Hilfe benötigt, diese aber (evtl. aus Angst oder Scham) nicht in Anspruch genommen? |