Allgemein kann festgehalten werden, dass
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Mutwilligkeit zu verneinen ist, sofern der Erkrankte gerade aufgrund seiner psychischen Erkrankung zu Maßnahmen nicht in der Lage ist, beispielsweise auch im Zusammenhang mit Alkohol-, Tabletten- oder Drogensucht. Hier kann zwar nicht das Krankwerden bzw. der Beginn des Konsumierens eines die Sucht fördernden Mittels vorgeworfen werden, aber im Rahmen von § 1579 Nr. 4 BGB das Unterlassen von erfolgversprechenden und zumutbaren Behandlungen. |
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Mutwilligkeit zu bejahen ist, wenn der Erkrankte gebotene und mögliche Behandlungsmaßnahmen bei vorhandener Entscheidungsfreiheit unterlässt. |
Das lässt sich nachfolgend anhand einschlägiger Fälle näher darstellen.
aa) Mutwilligkeit bejaht
Im Falle von unterlassenen notwendigen und zumutbaren therapeutischen Maßnahmen zur Herstellung der Erwerbsfähigkeit kommt eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 4 BGB in Betracht. Denn eine Bedürftigkeit wird mutwillig herbeigeführt, wenn sich der Kranke – in Kenntnis der Unterhaltsfolgen – leichtfertig einer sachgemäßen Behandlung entzieht.
Das kann der Fall sein bei einer neurotischen Depression und einem bewussten Vermeiden von ärztlichen Therapien.
In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Gefahr einer Chronifizierung nach zwei Jahren ohne Behandlung ansteigt.
Mutwilligkeit ist auch dann zu bejahen, wenn den Empfehlungen eines Sachverständigen nicht gefolgt wird oder die Störungen durch eigenes Verhalten mitverursacht werden.
Mutwilligkeit kann auch vorliegen, wenn eine gebotene Erwerbstätigkeit unterlassen wird.
Zur Rentenneurose s.o. unter III. 1 c).
bb) Mutwilligkeit verneint
Allgemein ist festzuhalten, dass eine Mutwilligkeit immer dann verneint werden muss, wenn der Erkrankte gerade aufgrund seiner Krankheit zu Maßnahmen nicht in der Lage ist. Das kann der Fall sein bei Vorliegen einer Schizophrenie oder bei schwerer reaktiver Depression mit Skoliose der Wirbelsäule.
Die Durchführung einer regelmäßigen Gesprächstherapie (ein bis zweimal/Woche) und Einnahme geeigneter Medikamente sowie die Eintragung auf einer Warteliste für eine stationäre Behandlung im Krankenhaus bei vorliegender Depression stehen einer Mutwilligkeit entgegen.
Gleiches gilt dann, wenn der Berechtigte bei depressiver Neurose ein Medikament mit starken Nebenwirkungen nicht einnimmt und das abgelehnte Medikament nicht nachweisbar wirksamer ist als das bereits verwendete.