Vor bald zwei Jahrzehnten begann eine Reihe von EuGH-Entscheidungen eine Debatte über das sogenannte "europäische Anerkennungsprinzip" oder die "Anerkennung eines Status". Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass ein im EU-Ausland wirksam begründeter Status im Inland anerkannt werden muss, da sonst die Personenfreizügigkeit (Art. 21 AEUV) der betroffenen Person verletzt wird. Ausnahmsweise kann die Anerkennung eines Status versagt werden, wenn bei Anerkennung die nationale öffentliche Ordnung unverhältnismäßig betroffen wäre. Die Rechtsprechung entwickelte sich zunächst im Internationalen Namensrecht, wurde dann zumindest bezogen auf das EU-Recht auf gleichgeschlechtliche Ehen ausgedehnt. Soweit das EU-Recht unmittelbar maßgeblich ist, scheint auch die ordre public-Ausnahme nicht mehr oder nur noch deutlich abgeschwächt zu greifen, denn für die Zwecke des EU-Rechts muss ein Mitgliedstaat die gleichgeschlechtliche Ehe als "Ehe" anerkennen, selbst wenn eine Anerkennung im nationalen Recht ordre public-widrig wäre. Im Dezember 2021 und im Juni 2022 wurde diese Rechtsprechung ausdrücklich auch auf Elternschaftszuordnungen – wieder im Rahmen des EU-Rechts und möglicher Aufenthaltsprobleme – übertragen. Ein Mitgliedstaat muss den Inhalt einer Personenstandsurkunde zwar nicht in das eigene Personenstandsregister aufnehmen, die in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Urkunde aber insoweit anerkennen, als dies notwendig für die Ausübung der Personenfreizügigkeit ist.
Da die deutsche Rechtsprechung im Rahmen der verfahrensrechtlichen und dementsprechend auch der kollisionsrechtlichen Anerkennung festgestellt hat, dass eine im Ausland vorgenommene Elternschaftszuordnungen regelmäßig ordre public-konform ist (s.o. II. 2. und III. 3.), besteht regelmäßig die Pflicht, eine Elternschaft, die in einem anderen EU-Staat wirksam etabliert wurde, als solche in Deutschland anzuerkennen.
Die konkreten Voraussetzungen dieser "Anerkennungspflicht" werden bei den mitgliedstaatlichen Gerichten unterschiedlich gehandhabt. In Deutschland hat sich inzwischen eine Anwendung der sogenannten "Blockverweisung" etabliert: Um festzustellen, ob ein Status wirksam in einem Mitgliedstaat etabliert wurde, ist eine Verweisung auf die gesamte Rechtsordnung dieses Staates (im Block) vorzunehmen. Dies beinhaltet das ausländische Kollisionsrecht, aber auch Zuständigkeits- und Verwaltungsrecht. Kommt das ausländische Recht im Rahmen dieser Verweisung zum Ergebnis, dass der Status wirksam etabliert wurde, löst er die Anerkennungspflicht aus, d.h. der Status ist so im Empfangsstaat anzuerkennen, wie er im Ausgangsstaat entstanden ist. Dies führt zu einer recht komplexen und umfassenden Prüfung ausländischen Rechts. Dieser Weg stellt aktuell einen (deutschen) Einzelweg dar. Andere Rechtsordnungen in der EU machen es sich leichter und erkennen jeden Status an, der wirksam im Personenstandsregister oder einem anderen öffentlichen Register oder einer öffentlichen Urkunde eines anderen EU-Mitgliedstaats eingetragen wurde. Unklar ist aber, ob diese Mitgliedstaaten diese Vorgehensweise aufrechterhalten würden, wenn der Status nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats fehlerhaft etabliert wurde, d.h. dort gar nicht so existiert, wie er im Personenstandsregister eingetragen wurde. Es spricht viel dafür, dass der Status in diesem Fall ebenfalls nicht anerkannt würde – bisher habe ich aber noch nicht davon gehört, dass diese Situation tatsächlich eingetreten ist.