1. Viele europäische Rechtsordnungen sind bezogen auf Elternschaftszuordnungen flexibler als das deutsche Recht. Doch ist in Deutschland eine Reform zu erwarten, die insbesondere die Etablierung einer gleichgeschlechtlichen Elternschaft beinhalten und möglicherweise auch die altruistische Leihmutterschaft legalisieren könnte.[93]

2. Die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen, die eine Elternschaftszuordnung etablieren, ist in Deutschland regelmäßig unproblematisch möglich. Die Rechtsprechung fokussiert auf das Kindeswohl und setzt den verfahrensrechtlichen ordre public nur sehr sparsam ein, sodass dieser regelmäßig keine Hürde der Anerkennung darstellt.

3. Bei der kollisionsrechtlichen Anerkennung besteht Rechtsunsicherheit darüber, welches Recht anwendbar ist, wenn es um den gewöhnlichen Aufenthalt von neugeborenen Kindern geht oder die verschiedenen Alternativanknüpfungen zu unterschiedlichen, sich widersprechenden Elternzuordnungen führen. Es wäre aus meiner Perspektive sinnvoll, die Norm zu reformieren und statt der Alternativanknüpfung eine Anknüpfungsleiter vorzusehen, die z.B. den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes als Ausgangspunkt nimmt und zu einer abweichenden Anknüpfung kommt, sollte es etwa bei Neugeborenen hieran fehlen. Eine Anerkennung scheitert wie auch im Verfahrensrecht regelmäßig nicht am ordre public.

4. Die Personenfreizügigkeit des EU-Primärrechts zwingt zur Anerkennung einer wirksamen Elternschaftsbegründung aus einem anderen Mitgliedstaat, sollte der ordre public nicht einschlägig sein. Eine Harmonisierung des Kollisions-/Anerkennungsrechts ist wünschenswert. Doch der Vorschlag der EU-Kommission vom 7.12.2022 ist noch nicht ausgereift, um in dieser Form Gesetz zu werden.

Autor: Prof. Dr. Susanne Lilian Gössl, LL.M. (Tulane), Bonn

FF 3/2023, S. 101 - 111

[93] Dazu siehe etwa Gössl/Sanders, JZ 2022, 492, 492 ff.

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