Einführung
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit der Anerkennung der Elternschaft zwischen Mitgliedstaaten der EU.
Bevor hier auf die Besonderheiten eingegangen werden kann, die sich zwischen EU-Mitgliedstaaten ergeben können und die aktuell Fragen eines Reformprojekts der EU-Kommission sind, wird zunächst ein Überblick über verschiedene nationale europäische Regelungen gegeben, um aufzuzeigen, wie unterschiedlich die Elternschaftszuordnung auf nationaler Ebene erfolgen kann (I.). Im Anschluss wird die geltende Rechtslage unabhängig vom EU-Recht dargestellt, d.h. die Anerkennung einer Elternschaft, die im Ausland durch Gerichtsentscheidung etabliert wurde (II.), sowie die Anerkennung einer Elternschaft, bei der es gerade an einer solchen Gerichtsentscheidung fehlt (III.). Schließlich werden die Besonderheiten auf EU-Ebene dargestellt, die sich insbesondere aus der Rechtsprechung des EuGH zur "Anerkennungspflicht" ergeben und zuletzt in einem VO-Vorschlag niederschlag gefunden haben (IV.). Der Beitrag endet in einem Fazit (V.).
I. Überblick über nationale Sachregelungen
1. Deutsches Recht
Ausgangspunkte der Abstammung im deutschen Recht sind – wie meist im Abstammungsrecht – die §§ 1591 ff. BGB. Mutter eines Kindes ist immer die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Diese Norm wurde speziell geschaffen, um eine "gespaltene" Mutterschaft zu verhindern, wie sie insbesondere bei Leihmutterschaft oder Eizellenspende entstehen kann. Vater ist der Mann, der Ehemann der Mutter ist, das Kind anerkannt hat oder gerichtlich festgestellt wurde (§ 1592 BGB). Folge dieser Regelung ist, dass die Mutter automatisch bei Geburt feststeht. In Abhängigkeit von der Mutter bestimmt sich dann der Vater. Dabei ist die rechtlich etablierte Elternschaft unabhängig von faktischen Gegebenheiten, etwa der genetischen Verbindung zwischen Mutter und Kind. Die genetische Verbindung wird bei der Vaterschaft nur dann relevant, wenn es um die gerichtliche Feststellung derselben geht oder die Vaterschaft angefochten wird. Darüber hinaus ist die sogenannte "Zweielternschaft" die Regel und nach Auffassung des BVerfG auch die Höchstgrenze.
Weitere Folge ist, dass es keine unmittelbare Elternschaft der (möglicherweise genetisch verwandten) Wunschmutter im Fall der Leihmutterschaft geben kann. Auch kann keine unmittelbare Co-Mutterschaft erreicht werden, da Vater nach dem Wortlaut des Gesetzes immer ein Mann ist. Eine unmittelbare Co-Vaterschaft ist ebenfalls ausgeschlossen, da die Geburtsperson immer eine Frau ist. In allen diesen Konstellationen ist eine Elternschaft jeweils nur im Wege der (Stiefkind-)Adoption möglich (§ 1741 Abs. 2 Satz 3 und 4 BGB). Darüber hinaus kann der leibliche, nicht rechtliche Vater ein sog. "kleines Sorgerecht" oder ein Umgangsrecht erhalten und die genetische Vaterschaft ohne Statusfolge gem. § 1598a BGB feststellen. Bezogen auf die Co-Mutterschaft sind aktuell mehrere Richtervorlagen anhängig, welche die Rechtmäßigkeit der geltenden Regelungen infrage stellen.
Weiter kann nach der Rechtsprechung des BGH ein Mann, der ein Kind gebiert, nur Mutter i.S.d. § 1591 BGB werden, nicht aber Vater. Ebenso kann eine Frau, die ein Kind zeugt, aber nicht gebiert, nur die Vaterschaft durch Anerkennung oder gerichtliche Feststellung gemäß § 1592 BGB erlangen, nicht aber die Mutterschaft.
Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sieht eine Reform des Abstammungsrechts vor und hierbei insbesondere die Einführung der Co-Mutterschaft und zumindest eine Prüfung der Legalisierung der altruistischen Leihmutterschaft durch Einsetzen einer Kommission.
2. Rechtsvergleich
Wenden wir uns nun anderen Rechtsordnungen in Europa zu. Die Ausgangspunkte sind regelmäßig ähnlich denen des deutschen Rechts.
a) Allgemeine Regelungen zur Mutterschaft
Typischerweise ist die Geburtsmutter automatisch die rechtliche Mutter eines Kindes. Einige Rechtsordnungen sehen hiervon aber Ausnahmen vor. Zum einen kennen einige Rechtsordnungen das Institut der Mutterschaftsanerkennung, zum anderen das der "anonymen Geburt", die dazu führt, dass ein Kind gegebenenfalls weder eine rechtliche Mutter noch einen rechtlichen Vater hat. Schließlich kennen einige Rechtsordnungen das Institut der possession d'état, wonach eine Art gutgläubiger Erwerb einer Elternschaftsstellung möglich ist.