Die Entscheidung befasst sich mit der Ausbildungsobliegenheit des nicht mehr schulpflichtigen Kindes. Im vorliegenden Fall hatte die allein sorgeberechtigte Mutter entschieden, das Kind solle nach dem bestandenen Hauptschulabschluss einen Online-Kurs mit dem Ziel der Zulassung zur Realschulabschlussprüfung (Schulfremdenprüfung) absolvieren. Diese Pläne wurden dem Unterhaltsverpflichteten Vater erst im Laufe des Abänderungsverfahrens mitgeteilt, ebenso die Nachweise zur Schwerbehinderung des Kindes und seines offensichtlichen Förderbedarfs im Bereich Lernen (vgl. Bildungsabschluss Förderschule). Das Kind nahm an der Prüfung nicht teil und meldete sich auch nicht zur Nachprüfung an.

Auf die Erwerbsobliegenheit des Kindes und der Anrechnung fiktiver Einkünfte kam es vorliegend nicht mehr an. Das minderjährige Kind, das nicht mehr schulpflichtig ist und sich nicht in einer Ausbildung befindet, ist grundsätzlich verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, sofern eine Arbeitsaufnahme mit den Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes vereinbar ist und keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen.[1]

Der Beistand hatte nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass das Kind überhaupt in der Lage sei, die mittlere Reifeprüfung zu erlangen und den Anforderungen der Schulfremdenprüfung gerecht zu werden. Der angeblich angestrebte Realschulabschlusses entsprach nicht den Fähigkeiten des Kindes. Der Online-Kurs sei wegen der erhöhten Anforderungen an Organisationsstruktur, Disziplin und Eigenverantwortlichkeit nicht geeignet. Das Gericht betont zu Recht, dass insbesondere die Corona-Pandemie die Nachteile der Online-Vermittlung von Lernstoff aufgezeigt habe.

Mitgeteilt und kommentiert von Dirk Vollmer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familien- und Erbrecht, Karlsruhe

FF 3/2023, S. 125 - 128

[1] Vgl. zuletzt OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.1.2019 – 2 WF 2/19, NJW 2019, 3250 = FamRZ 2019, 965; Scholz/Kleffmann, FamR-HdB, Teil K, Sonderfragen des Unterhalts Rn 114, 115.

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