OLG Hamm, Beschl. v. 16.9.2022 – 5 UF 44/22
1. Dem Unterhaltsschuldner ist die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit oder -minderung nach § 242 BGB nicht verwehrt, wenn er den Verlust des vorherigen, besser bezahlten Arbeitsplatzes durch arbeitgeberseitige Kündigung nicht selbst schuldhaft herbeigeführt hat. Für ein unterhaltsbezogenes leichtfertiges Verhalten tritt den Unterhaltsberechtigten die Darlegungs- und Beweislast.
2. Den Unterhaltspflichtigen trifft keine Obliegenheitsverletzung, wenn er eine Arbeitsstelle antritt, aus der er ein geringeres Einkommen als früher erzielt, sofern unter Berücksichtigung der Erwerbsbiografie, Qualifikation und persönlichen Verhältnisse des Antragstellers das tatsächliche Einkommen dem erzielbaren entspricht.
3. Eine Abfindung ist grundsätzlich zur Aufstockung des verringerten Einkommens einzusetzen. Dabei ist die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, jedoch nicht notwendigerweise zur kompletten Aufstockung zu verwenden, sondern unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls und der jeweils beiderseitigen Interessen auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen.
4. Die Unterhaltsberechtigte trifft trotz Betreuung eines 15 Jahre alten gemeinsamen Sohnes eine Obliegenheit zur vollen Erwerbstätigkeit.
5. Ein Altersvorsorgeunterhaltsanspruch ist nach § 242 BGB verwirkt, wenn Zahlungen hierauf nicht zweckentsprechend verwendet wurden. Das ist dann der Fall, wenn der Unterhaltsbedürftige den gezahlten Altersvorsorgeunterhalt in der Vergangenheit auf ein Sparkonto eingezahlt hat, das seinem jederzeitigen Zugriff unterliegt.
6. Eine Verwirkung des Unterhalts nach §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 BGB kommt nicht in Betracht, wenn die Unterhaltsberechtigte zwar nahezu fünf 5 Jahre ein Verhältnis zu mit einem neuen Partner hat, die Lebensbereiche aber bewusst auseinander gehalten werden, beide in getrennten, nahezu 100 km voneinander entfernt liegenden Wohnungen leben, getrennt wirtschaften, jeweils über eigene Freundeskreise verfügen, nur gelegentlich gemeinsam in den Urlaubfahren oder die Feiertage zusammen verbringen.
(red. LS)
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.11.2022 – 3 UF 53/22
1. Wer sich gegenüber seiner Erwerbsobliegenheit auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen will, muss Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben und hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken. Eine Beweiserhebung über die Erwerbsfähigkeit ist nur auf entsprechend substanziierten, auf ärztliche Atteste, Arztberichte oder Privatgutachten gestützten Vortrag geboten. Aus vorgelegten Attesten muss sich schlüssig ergeben, dass wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen keine unbeschränkte Erwerbstätigkeit erwartet werden kann.
2. Zu den Kriterien bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 1578b BGB; Eine lange Ehedauer auch von über 25 Jahren ist allein kein ausreichender Umstand, um von einer Begrenzung bzw. Befristung nach § 1578b BGB abzusehen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.4.2022 – 3 UF 142/21
Dem nach § 7 UVG übergegangenen Unterhaltsanspruch steht der Einwand des § 7a UVG entgegen, solange der Unterhaltspflichtige Leistungen nach dem SGBII bezieht und über kein eigenes Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 S. 1 SGBII verfügt.