Ein 6-jähriges Kind von seit der Schwangerschaft der Frau getrenntlebenden Eltern muss alle zwei Wochen mehrere Stunden seinen nicht sorgeberechtigten Vater besuchen, weil dieser das unbegleitete Kontaktrecht hat, obwohl es angibt, Angst vor seinem Vater zu haben. Im ersten Lebensjahr gab es angeblich keinen Kontakt zwischen Vater und Kind. Zunächst ließ die Mutter dann die Besuchskontakte des Vaters zu. Im Alter von 2 und 3 Jahren gab es von der Mutter und einer Ärztin bereits zwei Anzeigen wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch durch den Vater. Es erfolgten mehrfach Gefährdungsmeldungen an das Jugendamt. Trotzdem wurde aufgrund wiederholter Anträge des Vaters eine unbegleitete Besuchsregelung gerichtlich beschlossen. Die Begründung lautete: Die Mutter würde dem Kind Dinge einreden, die Aussagen des Kindes seien "manipuliert", die Aussagefähigkeit des Kindes sei eingeschränkt und sein Wille daher "nicht beachtlich". Die Aussagen des Kindes seien unbegründet. Die Kinder-Jugend-Hilfe (Jugendamt) nahm in dem Fall zwei Jahre lang ihre Zuständigkeit nicht wahr und hatte den Fall "ruhend gestellt", wegen der laufenden Gerichtsverhandlung, da es durch therapeutische Maßnahmen angeblich zu "Beeinflussungen" hätte kommen können. So erhielten die Familie und das Kind über die ganze Zeit hinweg keine therapeutischen Angebote, obwohl eine krankheitswertige Symptomatik vorlag (s.u.).
Die Mutter des Kindes verwehrte erst nach Aufkommen der ersten Verdachtsmomente auf sexuellen Missbrauch einige Kontakte mit ausreichender Begründung, um ihr Kind zu schützen. Trotzdem erhielt sie zwei Beugestrafen in einer Gesamthöhe von einem vierstelligen Eurobetrag und die Androhung, dass sie möglicherweise erziehungsunfähig sei und das Kind dem Vater in Obsorge gegeben werden müsse. Das inzwischen 6-jährige Kind leidet unter kinderpsychiatrischen Erkrankungen mit den Diagnosen (ICD 11) 6C01.1 Enkopresis (Einkoten), 6C001 Enuresis (Einnässen) mit Verschlechterung der Symptomatik in zeitlichem Zusammenhang mit den väterlichen Besuchskontakten. Das Kind berichtet der behandelnden Ärztin von nächtlichen Alpträumen, mit dem Inhalt, dass der Vater in das Haus der Mutter und des Kindes kommen könnte. Weitere Verhaltensauffälligkeiten sind Wutanfälle. Wiederholt hat das Kind bereits vor Behandler:innen und Sachverständigen kundgetan, dass der Vater es nicht abholen solle, weil es Angst vor ihm habe und weil er es mehrfach unsittlich berührt habe. Bei Kontakten verbiete der Vater laut Aussage des Kindes diesem, der Mutter oder anderen Personen von Erlebnissen mit ihm zu erzählen, da der Mutter sonst etwas zustoßen könnte. Das Kind zeigt eine Ambivalenz dem scheinbar durch Induktion abgelehnten Elternteil gegenüber. Es erzählt ohne Beeinflussung von sich aus kurze Erlebnisse mit seinem Vater, die es verängstigt haben. Es zeigt weiterhin in einem Umfeld, in dem es unter Stress steht, freundliches Verhalten dem Vater gegenüber. Es gibt eindeutig beobachtbare Hinweise darauf, dass das Kind im Rahmen der Besuchskontakte unter Stress und hoher Anspannung steht. Trotz alldem seien dem Gericht angeblich keine Probleme bekannt und es wird bei dem hochstrittigen Elternpaar gerichtlich auf ein gemeinsames Sorgerecht hingearbeitet.
Wenn der Verdacht nicht geklärt werden, also weder bestätigt noch ausgeräumt werden kann, muss nach Lassenberger die Entscheidung für oder gegen einen Kontakt, zugunsten des Kindeswohls im Sinne einer Güterabwägung fallen, sollte jedoch im Falle einer Entscheidung für den Kontakt jedenfalls begleitet erfolgen. Auch nach unserer Auffassung bleibt der geäußerte Kindeswille ein konstitutiver Anteil des Kindeswohlbegriffs. Widersprechen sich Willensäußerungen von Kindern und Umgangswünsche Erwachsener, so muss es mit Bezug auf die Menschenwürde des Kindes zumindest als problematisch bezeichnet werden, generell davon auszugehen, dass sein Wille zugunsten von Beziehungserhalt bzw. Beziehungswünschen der Erwachsenen in sie betreffenden gerichtlichen Entscheidungen schlichtweg ignoriert werden kann.
Eine "PAS-Diagnose" ist nicht zulässig, da sie nicht wissenschaftlich bestätigt ist und die Diagnosekriterien nicht erfüllt sind.