Die Beweislast kann nach der sog. Beweisführungslast (formelle Beweislast) und der sog. Feststellungslast (materielle Beweislast) differenziert werden. Die Beweisführungslast betrifft die Frage, wer in einem gerichtlichen Verfahren Beweisanträge stellen kann und muss, um nicht wegen Beweisfälligkeit zu unterliegen. Die Feststellungslast betrifft die Frage, wer die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer rechtserheblichen Tatsache zu tragen hat. In den Familiensachen existiert wegen § 26 FamFG zwar keine Beweisführungslast, jedoch sehr wohl eine Feststellungslast, die das Gericht im Falle der sog. non liquet-Situation (das Vorliegen einer Tatsache kann weder positiv festgestellt noch ausgeschlossen werden) in die Lage versetzt, eine Entscheidung zu treffen. Hier ist bei Familiensachen zwischen Verfahren aus dem Bereich des Kinderschutzes (§§ 1666 ff. BGB) und solchen Verfahren, in denen es um einen reinen Beteiligtenstreit ohne Kindeswohlgefährdung geht, zu differenzieren. Wenig sinnvoll erscheint die immer wieder vorgenommene Unterscheidung zwischen Amts- und Antragsverfahren, was daran liegt, dass es – systemwidrig – Amtsverfahren ohne Kindeswohlgefährdungsaspekt gibt wie etwa im Rahmen des § 1684 BGB. Kinderschutzverfahren sind im Grunde Verfahren aus dem Bereich der Eingriffsverwaltung, weshalb hier der Staat bzw. das Gericht die Feststellungslast für alle Tatsachen trägt, die einen Eingriff in die elterliche Sorge und die Grundrechte der Beteiligten rechtfertigen können. In den anderen Verfahren gelten im Ausgangspunkt die diesbezüglichen Grundsätze des Zivilprozesses, wonach derjenige eine Tatsache beweisen muss, der sich auf ihr Vorliegen beruft. Es ergeben sich aber zahlreiche Ausnahmen in Form gesetzlicher Festlegungen der Feststellungs- oder materiellen Beweislast, die sich z.B. aus den Formulierungen des materiellen Rechts ergeben. Ein anschauliches Beispiel dafür sind die – leider völlig unsystematischen – Kindeswohlschwellen des Kindschaftsrechts (z.B. die Formulierung, dass etwas dem "Kindeswohl nicht widerspricht", wie etwa in § 1626a Abs. 2 BGB bringt zum Ausdruck, dass die gemeinsame elterliche Sorge im Zweifel auszusprechen ist, also demjenigen Elternteil die Feststellungslast auferlegt, der die Alleinsorge für besser als die gemeinsame Sorge hält; umgekehrt ist dies, wenn der Gesetzgeber wie etwa in §§ 1685 Abs. 1, 1686a Abs. 1 Nr. 1 BGB anordnet, dass eine Umgangsanordnung "dem Kindeswohl dienen" muss, denn hier wird im Zweifel kein Umgang angeordnet, wenn die Dienlichkeit nicht positiv festgestellt werden kann). Zudem enthält das Gesetz auch Tatsachenvermutungen wie etwa in §§ 1600c Abs. 1 und 1600d Abs. 2. 1684 BGB. Es muss also stets anhand des Verfahrensgegenstands geprüft werden, ob sich derartige Besonderheiten ergeben.