Mit dem vorstehenden Beschluss scheinen die mittlerweile acht Jahre andauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen um den Aufenthalt und den Umgang mit dem bisher bei Pflegeeltern lebenden, außerehelich geborenen Sohn des Herrn Görgülü ihren vorläufigen Abschluss gefunden zu haben. Das wäre vor allem dem Kind, aber auch den übrigen Beteiligten zu wünschen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Entwicklung des Falles überrascht es nicht, dass das Kind in seiner familiengerichtlichen Anhörung ein baldiges Ende seiner zahlreichen Befragungen durch immer andere Personen und eine sofortige Klärung seiner Zukunft wünschte.
Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 26.9.2007 noch eine Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater abgelehnt, weil auf Grundlage der damaligen Feststellungen des OLG aus Dezember 2006 bisher keine für einen Wechsel ausreichend tragfähige Bindung des Kindes zum Vater bestehe. Zu verantworten haben dies nach Auffassung des BGH neben den Pflegeeltern im Wesentlichen die anfangs befassten Behördenmitarbeiter und insbesondere der 14. Zivilsenat des OLG Naumburg, die die vom Kindeswohl gebotenen Maßnahmen nicht mit dem nötigen Nachdruck gefördert haben. Der BGH forderte allerdings in überzeugender Umsetzung des in diesem Fall ergangenen Urteils des EuGHMR und der Folgeentscheidungen des BVerfG eine umgehende Erweiterung des Umgangs und einen baldigen Wechsel des Kindes von den Pflegeeltern zum Vater. Grundlage dafür war die gebotene verfassungs- und konventionskonforme Auslegung des Maßstabs der "Dienlichkeit" gem. § 1672 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach die Übertragung der elterlichen Sorge bei einem Konflikt mit Dritten regelmäßig auf den Vater zu erfolgen hat, so dass seine vorrangige Erziehungszuständigkeit bereits dann besteht, wenn sie dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Maßgeblich für den nunmehr vom Familiengericht einstweilen angeordneten Aufenthaltswechsel waren sowohl die weitere Intensivierung der Kontakte des Kindes zum Vater, dessen familiären Lebensalltag es mittlerweile kennt, der Wechselwunsch des Kindes, das sich dort auch nach Beurteilung zweier Psychologen wohlfühlt, die keine Bedenken gegen einen Wechsel haben, als auch die Zustimmung der Pflegeeltern, des Amtsvormunds und des Jugendamts. Diese Umstände begründen zu Recht die Erwartung des Familiengerichts, dass der gewählte rechtliche Rahmen der einstweiligen Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater eine ausreichende Sicherheit zur Neuorientierung ermöglicht und die Beziehung des Kindes zu den bisherigen Pflegeeltern und dem Pflegebruder durch Umgangskontakte aufrechterhält.
Mitgeteilt und kommentiert von Georg Rixe, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Bielefeld