Reform des familiengerichtlichen Verfahrens
Mit dem Familienrechtlichen Forum Göttingen wollen die Familienrechtler der Juristischen Fakultät Göttingen, Volker Lipp, Eva Schumann und Barbara Veit, den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis fördern und von nun an regelmäßig größere Tagungen zu aktuellen familienrechtlichen Themen anbieten.
Die erste Tagung wird sich am 28. Juni 2008 mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens beschäftigen. Die grundlegende Neukodifikation des Verfahrens in Familiensachen, die 2009 in Kraft treten soll, wurde seit Jahren gefordert und wird in der jetzt vorliegenden Form auch in weiten Teilen begrüßt. Positiv hervorzuheben sind insbesondere die sachgerechte Konzentrierung der familienverfahrensrechtlichen Vorschriften in einem Gesetz, die Ausweitung der Zuständigkeit der Familiengerichte, der anwenderfreundliche Gesetzesaufbau, die übersichtliche Regelungstechnik und die klare Terminologie. Der Entwurf sieht aber auch etliche neue Elemente im familiengerichtlichen Verfahren, insbesondere im Bereich der Kindschaftssachen, vor, die von Wissenschaft und Praxis kontrovers diskutiert und teilweise auch sehr kritisch bewertet werden (zu nennen sind beispielsweise die Einführung von Elementen des sog. Cochemer Modells, die Ausweitung der Aufgaben des Verfahrensbeistands und die Anordnung von Ordnungsmitteln).
Auf dem Familienrechtlichen Forum Göttingen sollen einerseits die Grundzüge des neuen Familienverfahrensrechts vorgestellt und andererseits die umstrittenen Elemente des Entwurfs zur Diskussion gestellt werden. Experten aus Wissenschaft und Praxis werden mit Vertretern des für die Reform zuständigen Referats im Bundesjustizministerium diskutieren; u.a. werden auch drei Referenten, die als Sachverständige vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags am 13. Februar 2008 angehört wurden, auftreten.
Am Vormittag werden die Grundzüge des familiengerichtlichen Verfahrens von Dr. Röse Häußermann, Präsidentin des Landgerichts Tübingen, und die wesentlichen Änderungen im Bereich der Kindschaftssachen von Prof. em. Dr. Michael Coester vorgestellt. Der interdisziplinäre Dialog wird durch Einbeziehung der Göttinger Soziologin Prof. Dr. Ilona Ostner gesucht, die die derzeitigen familienpolitischen Konzepte bei "Versagen" der Familie, insbesondere auch den Kindesschutz im Verfahren, einer kritischen Analyse unterzieht.
Zur Vertiefung der vormittags im Plenum gehaltenen Vorträge sind für den Nachmittag zwei parallel laufende Workshops mit jeweils sechs Impulsreferaten und anschließenden Diskussionen geplant. Workshop I: Neue Elemente im familiengerichtlichen Verfahren behandelt die Themen "Einvernehmliche Konfliktlösungen und Vermittlungsverfahren" und "Das neue Rechtsmittel- und Vollstreckungssystem", während sich Workshop II: Stärkung des Kindeswohls im gerichtlichen Verfahren den Themen "Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des Kindes (Verfahrensbeistand/Umgangspfleger)" und "Verfahren bei Kindeswohlgefährdung" widmet. Als Referenten werden hier u.a. die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Familiengerichtstags RiOLG Dr. Isabell Götz (München), die Berliner Rechtsanwältin und Notarin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins e.V. Ingeborg Rakete-Dombek, Prof. Dr. Ludwig Salgo (Frankfurt a.M.) und RiOLG Heinrich Schürmann (Oldenburg) auftreten. Abschließend werden die Ergebnisse der Workshops im Plenum vorgestellt.
Das Tagungsprogramm nebst Anmeldeformular ist unter http://lehrstuhl.jura.uni-goettingen.de/eschumann abrufbar. Fachanwälten für Familienrecht wird auf Wunsch ein Fortbildungsnachweis gem. § 15 FAO ausgestellt.
Kontakt: Prof. Dr. Eva Schumann, Weender Landstr. 2, 37073 Göttingen, Tel: 0551-397444, E-Mail: lehrstuhl.schumann@jura.uni-goettingen.de