BGB § 1603 Abs. 1 und 2
Leitsatz
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden.
BGH, Urt. v. 9.1.2008 – XII ZR 170/05 (OLG Karlsruhe, AG Bruchsal)
Sachverhalt
Tatbestand: Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
Der am 5.5.1991 geborene Kläger und sein am 18.8.1998 geborener Bruder sind aus der geschiedenen Ehe des Beklagten mit ihrer Mutter hervorgegangen. Seit der Trennung der Eltern leben sie bei ihrer Mutter. Ihre Unterhaltsansprüche gegen den Beklagten sind durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss tituliert, der Anspruch des Klägers allerdings lediglich für die Zeit bis einschließlich 4.5.2003. Der Bruder des Klägers erhält Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Mit Schreiben vom 5.8.2003 wurde der Beklagte aufgefordert, an den Kläger Kindesunterhalt in Höhe des Regelbetrags nach der Regelbetragsverordnung zu zahlen.
Der Beklagte war seit Juni 2003 als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.137 EUR. In den Monaten Januar und Februar 2004 wurde er jeweils nur für weniger als 100 Stunden beschäftigt und erhielt monatlich 1.020 EUR netto. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zum 15.3.2004 bezog der Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 EUR (wöchentlich 188,02 EUR sowie weitere 28,14 EUR, die auf den Unterhaltsanspruch des Bruders des Klägers an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt wurden). In der Zeit vom 30.4.2004 bis zum 29.10.2004 war er erneut als Leiharbeiter beschäftigt und erzielte Einkünfte in Höhe von monatlich 1.145 EUR. Nach erneuter Kündigung durch den Arbeitgeber erhält der Beklagte seit Oktober 2004 wieder Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 937 EUR (wöchentlich 178,29 EUR sowie weitere 37,87 EUR, die an die Unterhaltsvorschusskasse abgeführt werden).
Auf einen während der Ehezeit aufgenommenen Kredit zur Anschaffung eines Pkw hat der Beklagte im Jahre 2004 noch einen Restbetrag von 1.050 EUR gezahlt. Auf einen weiteren Kredit für die Anschaffung von Hausrat mit einer vereinbarten Rückzahlungsrate von monatlich 127,34 EUR leistet der Beklagte weder Zins noch Tilgung.
Der Beklagte wohnt mit seiner neuen Lebensgefährtin und deren beiden Kindern im Alter von 15 und 19 Jahren zusammen. Das älteste Kind ist in der Berufsausbildung. Die Lebensgefährtin ist vollschichtig berufstätig und erzielt monatliche Nettoeinkünfte zwischen 1.200 EUR und 1.400 EUR. An den Mietkosten beteiligt sich der Beklagte mit monatlich 360 EUR.
Für die Zeit von August bis einschließlich Oktober 2003 zahlte der Beklagte an den Kläger monatlich 135 EUR. Seitdem hat er keinen Unterhalt mehr gezahlt.
Das AG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von insgesamt 3.091 EUR sowie laufenden Unterhalts für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 247 EUR verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG ihn lediglich zu einem Unterhaltsrückstand für die Zeit bis Februar 2005 in Höhe von 1.660 EUR sowie laufendem Unterhalt für die Zeit ab März 2005 in Höhe von monatlich 137 EUR und für die Zeit ab Juli 2005 in Höhe von monatlich 110 EUR verurteilt. Dagegen richtet sich die – vom OLG zugelassene – Revision des Klägers, mit der er Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils verlangt.
Aus den Gründen
Gründe: Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2005, 2091 veröffentlicht ist, hat die Leistungsfähigkeit des Beklagten – getrennt nach Zeitabschnitten – auf der Grundlage der Erwerbseinkünfte bzw. des Arbeitslosengeldes des Beklagten ermittelt. Für die Zeiten der Arbeitslosigkeit und für die Monate Januar und Februar 2004 sei ihm ein weiteres fiktives Nettoeinkommen in Höhe von 150 EUR zuzurechnen, das er aus einer Nebentätigkeit erzielen könne. Eine solche Tätigkeit sei ihm während der Arbeitslosigkeit neben den Bemühungen um Wiedererlangung einer Erwerbstätigkeit und auch neben der eingeschränkten Erwerbstätigkeit in den Monaten Januar und Februar 2004 zumutbar gewesen. Der Beklagte habe keine ausreichenden Bemühungen um Aufnahme einer entsprechenden Nebentätigkeit dargelegt und hätte trotz seiner schwierigen Vermittelbarkeit daraus Nettoeinkünfte in Höhe von monatlich 150 EUR erzielen können.
Ob der Beklagte seiner Obliegenheit zur Wiederaufnahme einer Vollzeittätigkeit genügt habe, könne dahinstehen. Denn auf der Grundlage seiner Sprachschwierigkeiten, seiner Erwerbsbiografie und seines sehr geringen Stundenlohns als Zeitarbeiter könne er monatlich ohnehin nur Nettoeinkünfte von rund 1.092 EUR erzielen, was sein verfügbares Einkommen aus Arbeitslosengeld (937 EUR) und dem fiktiven Nebenerwerb (150 EUR) nur unwesentlich übersteige.
Die Darlehenskosten des Beklagten seien zu berück...