Biografische Erzählung
Bruno Bergerfurth 2010, 232 Seiten, 12,80 EUR, Edition Fischer, ISBN 978-3-89950-515-3
Dr. jur. Bruno Bergerfurth, einer der Richter, die nach der Eherechtsreform von 1977 eine der Schaltstellen der neuen Familiensenate beim OLG Hamm als Vorsitzender besetzt hatte, hat ein Erinnerungsbuch herausgegeben, das den Lebensweg eines Richters 35 Jahre lang, in der Zeit von 1953–1990 nachzeichnet.
Der Held seiner Geschichte ist ein junger promovierter Assessor mit dem Namen Justus, der viele Ähnlichkeiten mit Bruno Bergerfurth aufweist, was wohl auch gewollt ist.
Neben der üblichen Karriere in verschiedenen Verwendungsposten der Zivil- und Strafjustiz und einer erfolgreichen OLG-Erprobung schafft es Justus, als Vorsitzender einer Kammer für Handelssachen beim Landgericht 1977 einer der ersten Vorsitzenden der neugegründeten Familiensenate des OLG zu werden.
Das flott geschriebene Buch bettet die Karriere von Justus in persönliche, private und zeitgeschichtliche Zusammenhänge ein. So fehlen weder der Hinweis auf die Ermordung Kennedys (1963), noch die Machtübernahme Gorbatschows (1985), die Deutsche Einigung (1990), noch Ereignisse, wie der erste Wimbledonsieg von Boris Becker und die zahlreichen Erfolge von Steffi Graf. Genauso wie die Fußballweltmeisterschaft mit Beckenbauer (1974).
Justus scheint vielseitig interessiert zu sein. So werden gemeinsame Filmbesuche, Ausstellungen, Konzerte erwähnt, die deutlich machen, dass dieser Richter kein nur auf Juristerei beschränkter kluger Mann ist. Daneben fehlen natürlich nicht Hinweise auf die Reformvorhaben zum Ehe- und Familienrecht. Die neue Prozesskostenhilfe ab 1.1.1981 wird ebenso erwähnt wie das erste Unterhaltsrechtsänderungsgesetz (in Kraft seit 1.4.1986), das vor allem eine Änderung des materiellen Scheidungsrechts bringen sollte.
Ganz falsch dürfte auch nicht sein, eine Ähnlichkeit zwischen Justus und Bergerfurth herzustellen, weil Justus sich schon relativ früh mit Anmerkungen, Vorträgen und Aufsätzen Gehör verschafft und damit das verwirklicht hat, was auch Bruno Bergerfurth in seinem langen Berufsleben neben seiner richterlichen Tätigkeit offenbar mit viel Freude wahrgenommen hat, nämlich der interessierten Fachöffentlichkeit seine Sicht der Dinge deutlich zu machen (vgl. Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozess und die anderen Eheverfahren; bis 13. Aufl. 2002 von ihm alleine verfasst und danach zusammen mit Jörg Rogner, zuletzt 15. Aufl. 2006).
Folgerichtig erfolgt die Aufnahme in die wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht, die Justus in Karlsruhe erlebt (S. 216).
Besonders intensiv wird die Beschäftigung mit dem Familienrecht in dem Buch nach der Ernennung als Vorsitzender eines Familiensenats des OLG Hamm (S. 173–226).
Auch für einen im Familienrecht seit langem tätigen Anwalt ist es unterhaltsam zu lesen, mit welchen Problemen sich ein Vorsitzender Richter am OLG (früher Senatspräsident) herumschlagen musste.
Insgesamt ein gut zu lesendes Buch eines interessanten Mannes, der auch für die Anwaltschaft viel bewirkt hat (vgl. Bruno Bergerfurth zum 80. Geburtstag, FF 2008, 73 (Schnitzler) und FamRZ 2007, 1939 (Prof. Schwab)).