Genau zu prüfen ist auch, ob die Probleme des Kindes nur durch den betreuenden Elternteil behandelt oder beseitigt werden können bzw. eine persönliche Betreuung zwingend durch den Elternteil erfolgen muss. Soweit sich in der Praxis der betreuende Elternteil unabhängig von der Existenz und dem Leistungsspektrum einer solchen kindgerechten Einrichtung auf die Notwendigkeit einer persönliche Betreuung beruft (z.B. wegen gesundheitlicher Probleme des Kindes), ist das Bestehen eines solchen Problems nicht ausreichend, denn dies sagt noch nichts darüber aus, durch wen eine solche zusätzliche Betreuung sichergestellt werden kann. Probleme beim Kind führen also nicht automatisch dazu, den betreuenden Elternteil von Erwerbsobliegenheiten freizustellen. Unterhaltsrechtliche Bedeutung hat ein solches Problem des Kindes lediglich dann, wenn nur der betreuende Elternteil dieses Problem lösen kann und wegen des damit verbundenen Zeitaufwandes in seiner Berufstätigkeit eingeschränkt ist. All dies muss substantiiert dargetan werden!
Geklärt werden muss dabei auch, ob die Behandlung und Beseitigung eines festgestellten Problems (z.B. einer Entwicklungsstörung) dem betreuenden Elternteil zugemutet werden kann oder ob die Probleme nicht ein Ausmaß erreicht haben, dass professionelle Hilfe notwendig wird. Da hier das Kindeswohl und nicht die finanziellen Interessen eines der beiden Elternteile maßgeblich ist, muss der Weg gewählt werden, der Gewähr bietet, am schnellsten zum Ziel – nämlich der Beseitigung des Problems – zu führen. Bestimmte Probleme und Entwicklungsdefizite des Kindes können durchaus einen Grund geben, gerade eine außerhäusliche Betreuung für das Kind zu bevorzugen, in der durch entsprechend pädagogisch geschulte Fachkräfte diese Defizite abgebaut werden können. Möglicherweise kann es daher aus sachlichen Gründen – gerade im Interesse des Kindes – sinnvoller sein, das Problem durch Fachkräfte (Mediziner, Psychologen, Nachhilfelehrer) behandeln zu lassen als durch den betreuenden Elternteil selbst.
In der Praxis sollte hier auch aus Sicht des unterhaltspflichtigen Elternteils allerdings die Kostenfrage nicht übersehen werden. Werden die anfallenden Kosten der Fachkraft (Psychologen, Nachhilfelehrer) nicht von dritter Seite (z.B. der Krankenkasse) bezahlt, müssen diese besonderen Kosten zwischen den Eltern als Sonderbedarf oder Mehrbedarf ausgeglichen werden. Daher ist es vielfach im Ergebnis wirtschaftlich gleichgültig, ob die betreuende Mutter während eines bestimmten Zeitraumes von ihrer Erwerbstätigkeit freigestellt wird und daher für diesen Zeitraum Unterhalt bezieht oder der andere Elternteil sich an den anfallenden notwendigen Kosten der Fremdbetreuung des Kindes (z.B. Nachhilfestunden bei schulischen Schwierigkeiten) beteiligt. Ein rein wirtschaftlicher Blick auf diese Zusammenhänge könnte – und sollte – dazu führen, unnötige Streitigkeiten bei der Unterhaltsfrage zu vermeiden.