Diese Rechtsprechung wurde von einigen Gerichten, vor allem aber in der Literatur nachhaltig kritisiert. Es wurde geltend gemacht, dass die geänderte Rechtsprechung des BGH schon mit dem Wortlaut des § 1578 nicht vereinbar sei. Außerdem sei die geänderte Rechtsprechung auch dogmatisch bedenklich, weil unklar bleibe, wie man noch von "ehelichen" Lebensverhältnissen sprechen könne, wenn die Rechtskraft der Scheidung als Stichtag aufgegeben werde. Die "Drittelmethode" sei im Übrigen auch deshalb nicht sachgerecht, weil man nicht einfach die Lebensverhältnisse der geschiedenen und der neuen Ehe gleichsetzen könne ohne Rücksicht auf die wirklichen Verhältnisse.
In Bezug auf neue Unterhaltspflichten wurde vor allem kritisiert, dass lange nach Scheidung in neuer Ehe geborene Kinder nichts mehr mit der früheren Ehe zu tun hätten. Durch die Rechtsprechung des BGH werde eine frühere, in tatsächlicher Hinsicht (möglicherweise sogar gewollt) kinderlose Ehe im Nachhinein zu einer Ehe mit Kindern umfunktioniert. Beanstandet wurde auch, dass sich das (auch vom BGH akzeptierte) Besserstellungsverbot nicht mit einer Berücksichtigung von Abzugspositionen vertrage, die es im Falle des Fortbestandes der Ehe überhaupt nicht gegeben hätte, z.B. in Gestalt der Unterhaltspflicht für eine neue Ehefrau oder für in neuer Ehe geborene Kinder.
Durch die vom BGH vertretene Ansicht werde § 1581 BGB schlicht eliminiert, und die geschiedene Ehefrau werde gegenüber der Mutter eines nichtehelichen Kindes insofern benachteiligt, als deren Bedarf von ihrer eigenen Lebensstellung abhänge, die von derjenigen des Schuldners unabhängig sei, so dass sie eine Kürzung ihres Anspruchs nach § 1615l BGB erst im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Schuldners hinnehmen müsse. Demgegenüber habe eine geschiedene Ehefrau diese Kürzung nach Auffassung des BGH schon im Rahmen der Bedarfsbestimmung hinzunehmen, was eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darstelle und auch der Vorgabe des BVerfG zur Angleichung der entsprechenden Ansprüche (s.o. unter I.) widerspreche.
Die gesetzlich vorgegebene Differenzierung zwischen Bedarf und Leistungsfähigkeit könne nicht kurzer Hand im Wege einer vereinfachenden Rechtsfortbildung aufgegeben werden; systematisch erscheine auch fragwürdig, dass das Erfordernis des "Angelegtseins" im Rahmen von bedarfsprägenden späteren Veränderungen in Bezug auf Verschlechterungen aufgegeben worden sei, in Bezug auf Verbesserungen dagegen nicht, zumal die Rechtsprechung zu erheblichen zusätzlichen Fiktionen führe. Schließlich wurde der geänderten Rechtsprechung des BGH auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung vorgeworfen, eine Korrektur dieser Rechtsprechung durch das BVerfG wurde nicht ausgeschlossen.