Wertfestsetzung in Scheidungsverfahren und Abrechnung in Familiensachen
Einführung
Die jährlich von der AG FamR durchgeführte Mitgliederumfrage bezog sich 2018 erneut auf das Kostenrecht. Ausgehend von dem Ergebnis des Vorjahres richteten sich die Fragen nun auf die Wertfestsetzung in Scheidungsverfahren und die Abrechnung von VKH-Mandaten. Anlass für die speziellere Fragestellung war zum einen die bundesweit uneinheitliche Praxis in der Berechnung und Festsetzung des Verfahrenswertes bei Ehescheidungen. Zum anderen sollte das Augenmerk auf mögliche Gebührenreserven gerichtet werden, wenn die Vergütungsabrechnungen nach dem RVG die Trennung in verschiedene Angelegenheiten berücksichtigen.
Die Beteiligung an der Umfrage war mit 24,8 % der ausgefüllten Umfragebögen erfreulich. Insofern stellt das Ergebnis ein repräsentatives Bild dar.
Abrechnung nach Angelegenheiten
Von den Befragten gaben (nur) 36,6 % an, die außergerichtliche Tätigkeit in Familiensachen getrennt abzurechnen. Mehr als die Hälfte, d.h. 53,2 %, erklärten, keinen "klaren Kompass" zu haben und "mal so, mal so" abzurechnen (siehe Abb. 1).
Bei getrennter Abrechnung außergerichtlicher Mandate liegen die Kriterien
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"weil die Aufträge in zeitlichem Abstand erfolgen", |
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"weil sie keinen inneren Sachzusammenhang haben" und |
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"Unterscheidung nach dem Folgesachenkatalog zum Ehescheidungsverfahren" |
fast gleich auf (siehe Abb. 2).
Ein Grund für häufiges nicht getrenntes Abrechnen mag in der fehlenden gesetzlichen Regelung zu suchen sein. Nahezu 4/5 (79 %) der Befragten hielten es für sinnvoll, wenn das RVG den Begriff der "Angelegenheit" legal definieren würde (siehe Abb. 3).
Dieses Ergebnis mag als Aufruf an den Gesetzgeber verstanden werden, vor die Bestimmungen der §§ 16–18 RVG (dieselbe, verschiedene, besondere Angelegenheit) eine Gesetzesdefinition zur Angelegenheit selbst zu setzen. Bislang behilft sich die Rechtsprechung mit einer Beschreibung durch den BGH.
Verfahrenswerte in Ehescheidungen
Der Verfahrenswert in Ehesachen bestimmt sich nach § 43 FamGKG. Aus der Praxis ist bekannt, dass häufig nur auf die Regelung aus § 43 Abs. 2 FamGKG zurückgegriffen wird, das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten. Die Vermögensverhältnisse bleiben oft unberücksichtigt. Die Umfrage verfolgte deshalb das Ziel, die unterschiedliche Praxis abzubilden.
Von den Beteiligten gaben 49,2 % an, im Ehescheidungsantrag entweder nur das dreifache Nettoeinkommen der Ehegatten zu benennen oder manchmal auch Angaben zum Vermögen aufzunehmen (siehe Abb. 4).
Wenn berücksichtigt wird, dass Familiengerichte häufig den Angaben im Ehescheidungsantrag folgen, wird deutlich, dass hier Gebührenpotential ungenutzt bleibt.
Ebenso überraschend war, dass Familiengerichte in 53,6 % selten oder nie die Vermögensverhältnisse der Ehegatten bei der Wertfestsetzung berücksichtigen und nur 27,2 % immer oder oft dieses Wertkriterium ansetzen (siehe Abb. 5).
Dabei zeigen sich deutliche regionale Unterschiede (siehe Abb. 6).
Werden Vermögensverhältnisse der Ehegatten in die Berechnung des Verfahrenswertes einbezogen, ergibt sich wiederum ein uneinheitliches Bild beim Ansatz der Freibeträge pro Ehegatten (15.000 EUR – 60.000 EUR) und pro Kind (7.500 EUR – 30.000 EUR). Dagegen ist der Anteil des Vermögens, der in den Verfahrenswert eingeht, mit 5 % weit verbreitet (siehe Abb. 7).
Unabhängig von der Angabe im Ehescheidungsantrag zu Vermögenswerten richtete sich eine weitere Frage darauf, ob die Amtsgerichte von sich aus nach Vermögen fragen. Nahezu die Hälfte (49,1 %) der Mitglieder teilten hierzu mit, das Gericht würde nie danach fragen. Weitere 46,3 % berichteten von einer "Teils-teils-Praxis" und nur 4,7 % gaben an, das jeweilige Amtsgericht frage von sich aus nach dem Vermögen (siehe Abb. 8).
Auch hier zeigten sich deutliche regionale Unterschiede (siehe Abb. 9).
Dieses Ergebnis muss deshalb zu denken geben, weil in der Diskussion um eine Anpassung der Rechtsanwaltsgebühren häufig von den Bundesländern zugleich die Forderung nach einer Erhöhung der Gerichtskosten erhoben wird. Eine Einbeziehung der Vermögensverhältnisse der Ehegatten in den Verfahrenswert für die Ehescheidung würde jedoch bereits zu höheren Gerichtskosten führen, ohne dass die Tabelle zum Kostenverzeichnis des FamGKG geändert werden muss.
VKH-Abrechnungen
Die Umfrage hat erneut gezeigt, dass in Familiensachen VKH-Mandate einen großen Stellenwert einnehmen (siehe Abb. 10).
Soweit im Rahmen der VKH eine Ratenzahlungsanordnung getroffen wird, beantragen die meisten Kollegen im Rahmen der Festsetzung sogleich auch die Wahlanwaltsgebühren (siehe Abb. 11).
Eindeutig ist die Antwort, ob die Amtsgerichte innerhalb von vier Jahren nach Abschluss des Verfahrens eine Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse vornehmen (siehe Abb. 12).
Ebenso weist der ganz überwiegende Teil der an der Umfrage Beteiligten die Mandanten auf die Mitteilungspflicht bei geänderten Einkommens- und Vermögensverhältnissen hin (siehe ...