Die vom KG und vom OLG Oldenburg (s.o. unter I.) geltend gemachten Bedenken sind sicherlich ernst zu nehmen, auch vor dem Hintergrund einer zusätzlichen Belastung der Familiengerichte als Folge der Zuweisung von Bereichen, die früher zum Vormundschaftsgericht gehörten und jetzt vom Familiengericht zu bearbeiten sind.
In der Sache sind die Bedenken allerdings nicht begründet. Offenbar wurde die Zielsetzung des § 235 FamFG missverstanden, denn es geht dort gerade nicht um die Abwälzung anwaltlicher Tätigkeiten auf das Gericht. Ein Vorgehen nach § 235 FamFG hat lediglich das Ziel,
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dass das Gericht – schneller als es regelmäßig im Wege der "klassischen" Stufenklage gelingt – Unterlagen beschafft, deren Vorlage der Auskunftsschuldner vorgerichtlich verweigert hat. |
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Die auf dieser Grundlage dann zu ziehenden Folgerungen, beispielsweise in Form der Antragstellung, bleiben beim Beteiligten bzw. dessen anwaltlicher Vertretung. |
Dem Beibringungsgrundsatz ist schon deshalb Rechnung getragen, weil die – als Folge des verfahrensrechtlichen Auskunftsanspruchs erlangten – Auskünfte und Belege nicht mehr gesondert ins Verfahren eingeführt werden müssen, da sie nunmehr gerichtsbekannt sind.
Was im Falle der Entscheidung des KG (s.o. unter I.1.) der dortigen Antragstellerin "unter Umständen vorgeschwebt" haben mag, hätte das Gericht durch verfahrensleitende Maßnahmen (§§ 142 Abs. 1, 273 Abs. 2 Nr. 5 ZPO, §§ 51 Abs. 2 S. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG) klären können. In beiden Verfahren hätten die Antragstellerinnen, die ersichtlich ganz bewusst nicht im Wege des Stufenantrags vorgehen wollten (beim OLG Oldenburg sollte nach Vortrag der Antragstellerin ein "langwieriges Auskunftsverfahren mittels Stufenantrag" ausdrücklich vermieden werden), den Weg des Teil-Antrags mit Erweiterungsvorbehalt wählen können. Möglicherweise wurde die gewählte Antragstellung aber auch missverstanden: Die begehrte Informationsbeschaffung durch das Gericht ist die 1. Stufe im Rahmen des Vorgehens nach § 235 FamFG; sie entspricht dem auf Verpflichtung des Auskunftsschuldners gerichteten Auskunftsantrag bei der "klassischen" Stufenklage. In beiden Fällen bleibt es in der 2. Stufe (Antragstellung) bei der Dispositionsmaxime.
Im Ergebnis sind die einschlägigen und von beiden Gerichten geäußerten Befürchtungen vom Gesetzgeber durchaus gesehen worden, wie die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt (s.o. unter II. 1). Bei sachgerechter Handhabung der Vorschrift dürften sie aber nicht relevant werden, zumal hier auch die – vom Reformgesetzgeber betonten – Gesichtspunkte der Fürsorge des Gerichts für die Beteiligten und der erhöhten staatlichen Verantwortung für die materielle Richtigkeit der Entscheidung zu beachten sind.
Da es im Rahmen des § 235 FamFG um den Grenzbereich zwischen Amtsermittlung und Dispositionsmaxime geht, sollte in einschlägigen Fällen die Rechtsbeschwerde zugelassen werden, um für die Praxis weitere Rechtssicherheit zu schaffen.