Allgemein zur notwendigen Reform des familiengerichtlichen Verfahrens wurde vom Gesetzgeber folgendes festgestellt:
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"Der Schwerpunkt des familiengerichtlichen Verfahrens liegt im Aspekt der Fürsorge des Gerichts für die Beteiligten und in der erhöhten staatlichen Verantwortung für die materielle Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung, so dass der bisherige Standort des familiengerichtlichen Verfahrens im Buch 6 der Zivilprozessordnung nicht überzeugt. Das Verfahrensmodell der Zivilprozessordnung ist für Streitgegenstände konzipiert, die der Dispositionsmacht der Parteien unterliegen und im Regelfall keinen besonderen Grundrechtsschutz genießen. Dieses Modell ist für familienrechtliche Angelegenheiten nur bedingt geeignet. Ihr besonderer Charakter verlangt nach einer eigenständigen, aus den Besonderheiten der Verfahrensgegenstände entwickelten Verfahrensordnung, in der Elemente der Zivilprozessordnung lediglich ergänzend herangezogen werden können."
Weiter heißt es:
Zitat
"Inhaltlich ist an der Unterscheidung zwischen Amtsermittlung und Beibringungsgrundsatz im Grundsatz festzuhalten. So muss eine Versäumnisentscheidung in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, selbstverständlich auch im Unterhaltsprozess, möglich sein. Auch unter Beibehaltung dieser Zweispurigkeit sind die nach geltendem Recht bestehenden Möglichkeiten des Gerichts zur Prozessförderung und Sachverhaltsaufklärung noch verbesserungsfähig, etwa durch Ausbau der Auskunftsrechte und Auskunfts- und Belegpflichten im Unterhaltsprozess."
Diese Auskunftsrechte des Gerichts wurden durch § 235 FamFG erweitert. In Abs. 2 der Vorschrift wurde sogar eine Pflicht des Gerichts zur Einholung von Auskünften vorgesehen und mit § 236 FamFG eine eigene Vorschrift zum Auskunftsrecht gegenüber Dritten geschaffen.
Das Gesetzgebungsverfahren dazu war kontrovers verlaufen. Die Bedenken des Bundesrates lauteten im Wesentlichen wie folgt:
Zitat
"Auch wenn anzuerkennen ist, dass ungenügende Unterhaltszahlungen zu einem erhöhten Bedarf an öffentlichen Leistungen führen können und daher nicht nur die Interessen der Beteiligten berühren, ist die Pflicht zur Amtsermittlung nach § 235 Abs. 2 und § 236 Abs. 2 FamFG-E sowohl im Hinblick auf die erhebliche Mehrbelastung für die Familiengerichte als auch hinsichtlich ihrer Praktikabilität abzulehnen und daher insgesamt zu streichen. Die Regelungen in § 235 Abs. 1 und § 236 Abs. 1 FamFG-E, die die Einholung von Auskünften und Belegen in das Ermessen des Gerichts stellen, sind ausreichend, um dem Interesse der öffentlichen Hand an effektiver Durchsetzung von Unterhaltszahlungen Rechnung zu tragen. Führt man, wie dies § 114 Abs. 1 FamFG-E vorsieht, Anwaltszwang in allen Unterhaltsverfahren ein, so kann die bisherige Praxis der Stufenklage beibehalten werden, ohne dass dies die Beteiligten übermäßig belastet. Das Gericht zu verpflichten, die Auskunftsstufe für den Unterhalt Begehrenden zu erledigen, wird dagegen zu einer erheblichen Mehrbelastung der Gerichte führen. Es ist nämlich nicht damit getan, die Auskunft anzufordern. Vielmehr wird das Gericht gezwungen sein, fehlende Belege nachzufordern und auf Lücken der Auskunft hinzuweisen."
Die in § 235 Abs. 2 und § 236 Abs. 2 FamFG-E vorgesehenen Regelungen lassen überdies befürchten, dass sich die Beteiligten häufig damit begnügen werden, bei Gericht veraltete Unterlagen einzureichen, irgendeinen Unterhaltsbetrag geltend zu machen und das Gericht im Übrigen auf die Amtsermittlungspflicht zu verweisen. Die Pflicht zur Auskunftsbeschaffung wird damit in erheblichem Umfang von den Beteiligten auf die Gerichte verlagert. Gründe, die dafür sprechen, auf diese Weise staatliche (d.h. hier gerichtliche) Fürsorgeleistungen zu vermehren, sind nicht ersichtlich. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen und allseitiger Bemühungen, den staatlichen Sektor zu verschlanken, ist ohne Not von derartigen Rechtsänderungen Abstand zu nehmen. Zudem ist die gerichtliche Aufklärung des Sachverhalts dem in Unterhaltssachen seit jeher und auch weiterhin geltenden Beibringungsgrundsatz fremd.“
Die Entgegnung der Bundesregierung ging ausdrücklich dahin, dass dem Vorschlag des Bundesrates nicht zugestimmt wurde. Es heißt im Einzelnen:
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"Die in § 235 Abs. 2 und § 236 Abs. 2 FamFG geregelte Pflicht des Gerichts, unter bestimmten Voraussetzungen bei einem Beteiligten bzw. dessen Arbeitgeber und anderen Auskunftspersonen Auskünfte über das Einkommen und das Vermögen des Beteiligten einzuholen, verfolgt zum einen den Zweck, die materielle Richtigkeit der zu treffenden Unterhaltsentscheidung sicherzustellen, und zum anderen, Stufenklagen weitestgehend entbehrlich zu machen und damit Unterhaltsverfahren zu straffen."
Angesichts der Bedeutung von Unterhaltsleistungen für den Berechtigten und angesichts dessen, dass ungenügende Unterhaltszahlungen zu einem erhöhten Bedarf an öffentlichen Leistungen führen können, besteht über das private Interesse des Unterhaltsgläubigers hinaus ein öffentliches Interesse an e...