aaa) Alternativen
Je nachdem, ob man eine Bezifferung für erforderlich hält oder nicht (s.o. unter 3.b) bb), kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht.
(1) Antrag ohne Bezifferung
Geht der Auskunftsgläubiger – unter Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen – nach § 235 FamFG vor, dann beinhaltet dieser "moderne" Stufenantrag
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in der 1. Stufe die Aufforderung an das Gericht, nach § 235 Abs. 1 vorzugehen, |
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in der 2. Stufe die Ankündigung des Gläubigers, nach Erledigung der 1. Stufe seinen Zahlungsantrag zu beziffern. Der Vorteil dieses Vorgehens liegt – neben der Vermeidung der Verzögerungen, die mit der "klassischen" Stufenklage verbunden sind (s.o. unter bb)) – darin, dass der Unterhaltsgläubiger keine ungefähre Bezifferung eines vorläufigen Unterhaltsbetrages vornehmen muss. Um die gesetzgeberische Zielrichtung der Vorschrift zu betonen, sollte vom Antragsteller in erster Linie geltend gemacht werden, dass zunächst die geforderte Auskunft vorliegen muss, bevor eine Bezifferung vorgenommen werden kann. |
(2) Antrag mit Bezifferung
Die meisten Stimmen in der Literatur nehmen demgegenüber an, dass keine Möglichkeit bestehen soll, einen Antrag nach § 235 Abs. 2 FamFG auf Einholung der Auskunft bzw. Belegvorlage von Amts wegen mit einem unbezifferten Leistungsantrag zu verbinden.
Zwei Möglichkeiten erscheinen denkbar:
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Neben dem Antrag auf Einholung der Auskünfte wird ein Teil-Antrag gestellt, verbunden mit der Ankündigung, nach Vorliegen der Auskünfte den Antrag zu erweitern. |
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Oder vorprozessual wird das Auskunftsbegehren verbunden mit dem Hinweis, dass bei nicht (oder nicht vollständig) erteilter Auskunft bzw. Belegvorlage ein bestimmter Zahlbetrag eingeklagt werden wird, verbunden mit dem Hinweis auf die Kostenfolge des § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG. Dann kann sofort ein bezifferter voller Antrag in dieser Höhe gestellt und mit dem Antrag nach § 235 Abs. 2 FamFG verbunden werden. In beiden Fällen ist das Kostenrisiko von Bedeutung. Bei der ersten Variante ist es gering wegen des niedrigen Gegenstandswertes. In der zweiten Variante hilft nur der Hinweis auf § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG. Hier wird angenommen, dass |
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bei einer Zuvielforderung kein Kostenrisiko besteht, weil die Vorschrift das vorprozessuale Verzögerungsverhalten des Auskunftsschuldners sanktionieren soll; |
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bei einer zu geringen Forderung wegen des vorprozessualen Auskunftsbegehrens nach §§ 1585b Abs. 2, 1613 Abs. 1 BGB eine rückwirkende Erhöhung möglich ist. |
bbb) Stellungnahme
Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass die Auskunftsstufe der "klassischen" Stufenklage nach § 254 ZPO jetzt nach § 235 Abs. 2 FamFG durch die gerichtliche Einholung der Auskunft ersetzt werden kann.
Wenn aber bei der "klassischen" Stufenklage nach allg. Ansicht ohne weiteres ein unbezifferter Zahlungsantrag gestellt werden kann ("den sich aus der Auskunft ergebenden, noch zu beziffernden monatlichen Unterhalt zu zahlen"), dann ist zu fragen, warum das im Rahmen von § 235 FamFG nicht möglich sein soll. Gerade die Fürsorgepflicht spricht für einen Schutz des "kenntnislosen" Unterhaltsgläubigers und gegen den Schuldner, der durch Nichtbeachtung der vorprozessualen Aufforderung zur Auskunft überhaupt erst Anlass für das Verfahren gegeben hat. Auch das staatliche Interesse an der materiellen Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung spricht dafür, dass der Zahlungsantrag zunächst offenbleiben kann, bis die Grundlagen für eine Bezifferung (in Gestalt der geforderten Auskünfte und Belege) vorliegen.
Dazu passt auch die Verfahrensweise im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe. Dort steht die – einheitlich für den gesamten "klassischen" Stufenantrag vorzunehmende – VKH-Bewilligung unter dem Vorbehalt, dass in der Leistungsstufe nur sachgerechte, auf der Auskunft beruhende Anträge gestellt werden. Folge ist, dass das Gericht von Amts wegen in der Leistungsstufe bei überhöhten Anträgen die bereits bewilligte VKH beschränken kann.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die Bedenken wegen einer "Amtsermittlung durch die Hintertür" nach § 118 Abs. 2 ZPO nicht begründet. Die Variante, von Anfang an eine Bezifferung zu fordern und dann – im zweiten Schritt – das Kostenrisiko durch die Anwendung des § 243 S. 2 Nr. 2 FamFG zu beschränken, ist dagegen nur die zweitbeste Lösung. Denn hier ist ein – ggf. deutlich überhöhter – Zahlungsantrag zunächst einmal in der Welt, und seine Auswirkungen müssen dann im Nachhinein über die Kostenfolge (bzw. die Änderung der VKH-Bewilligung) korrigiert werden. Nur wenn die Billigkeitsprüfung zugunsten des Antragstellers ausfällt, stellt sich ...