Es bestehen begründete Zweifel, ob das – vom BGH seit mehreren Jahren in ständiger Rechtsprechung verwendete – Element der subjektiven Imparität im Rahmen von § 138 BGB überhaupt erforderlich ist.
aa) Begriff
Der Wortlaut des § 138 BGB enthält kein subjektives Element.
Dafür besteht auch in der Sache keine Notwendigkeit; vielmehr ist ausreichend, dass das Rechtsgeschäft nach seinem objektiven Inhalt unerträglich erscheint, ohne dass es auf die Vorstellungen der Parteien ankäme.
Anderenfalls wäre eine besonders skrupellose Vertragspartei besser gestellt, denn wer sich gar keine Gedanken macht, dem kann man nur schwerlich eine verwerfliche Gesinnung vorhalten.
Mit dem "subjektiven Element" ist bei Eheverträgen die Frage der Vertragsparität gemeint, die im Rahmen der Untersuchung der persönlichen Umstände (z.B. Schwangerschaft, Sprachprobleme, fehlende Aufenthaltserlaubnis) von Bedeutung ist. Daneben spielt die konkrete Situation bei Vertragsabschluss eine Rolle, z.B. in Form von Überrumpelung oder Belastung durch ein schreiendes Kind.
bb) Vertragsfreiheit und Schieflage
Die Rechtsprechung betont regelmäßig den Grundsatz der Vertragsfreiheit i.S.d. Befugnis, eine als unbefriedigend empfundene gesetzliche Regelung durch eine anderslautende vertragliche Vereinbarung zu ersetzen, die besser zum individuellen Ehebild passen soll.
Auch wenn die "Freiheit" grundsätzlich für beide Vertragsparteien gilt, wird das "Empfinden" wohl in den meisten Fällen einseitig sein, konkret z.B. in Form eines gewünschten Ausschlusses des Zugewinnausgleichs zum Schutz der Firma oder einer "Deckelung" des Unterhalts.
Gegenbeispiel ist der – zunehmend anzutreffende – Wunsch nach "verstärkenden Vereinbarungen" beim Betreuungsunterhalt. Viele (besonders jüngere) Eheleute empfinden die Abschaffung des früheren "Altersphasenmodells" und die sehr früh einsetzende Arbeitspflicht des kindesbetreuenden Ehegatten nicht als sachgerecht mit der Folge, dass die Rückkehr zu den früheren rechtlichen Verhältnissen gewünscht wird.
Keine Vertragsfreiheit besteht dagegen regelmäßig in den Fällen, in denen sich ein Ehegatte – aus familiärem Druck, gesellschaftlicher Konvention, emotionaler Verbundenheit oder schlichter Euphorie angesichts der anstehenden Hochzeit ("Honeymoon-Rausch") – widerstandslos einem einseitigen Verlangen beugt oder auch nur deshalb, weil er den Vertrag gar nicht versteht. In diesen Fällen geht es allein um den Schutz des benachteiligten Vertragspartners vor einer einseitigen Ausnutzung der Vertragsfreiheit.
cc) Konstitutives oder nur verstärkendes Element?
Wie oben (unter aa) dargelegt, ist das subjektive Element schon nach allgemeinen Grundsätzen im Rahmen des § 138 BGB nicht notwendig; in Bezug auf Eheverträge gilt nichts anderes.
Es ist bereits anerkannt, dass ein zusätzliches subjektives Element in bestimmten Fällen mit einem klar unwirksamen Vertragsinhalt nicht erforderlich ist. Verwiesen werden kann hier z.B. auf Eheverträge, in denen eine Scheidung ausgeschlossen wird oder in denen gesetzlich bestehende Unterhaltsverpflichtungen der Vertragspartei auf den Sozialhilfeträger abgewälzt werden.
Wenn es um die Belange der Allgemeinheit geht, dann wird eine zusätzliche verwerfliche Gesinnung neben einem objektiv bedenklichen Inhalt erkennbar nicht gefordert. Das zeigt sich i.ü. auch im Rahmen des Verzichtsverbots beim Trennungsunterhalt, wo vom BGH in diesem Sinne argumentiert wird (s.u. unter D. I. 3 a).
Bei der Überprüfung einschlägiger Entscheidungen zu Eheverträgen kann man den Eindruck gewinnen, dass das (zusätzliche) subjektive Element für Fälle benötigt wird, in denen sich der objektive Inhalt (noch) im Grenzbereich befindet und die "schlechte Gesinnung" gebrauc...