a) Verzicht auf Kindesanhörung
Auch wenn die Anhörung eines Kindes nach § 159 FamFG zu den wichtigsten Verfahrensgarantien gehört, stellt doch nach der bereits erwähnten Entscheidung des BVerfG zur Ergänzungspflegschaft nicht jede unterlassene Anhörung eines Kindes eine verfassungsrechtlich zu beanstandende unzureichende Sachverhaltsaufklärung dar. Im entschiedenen Fall komme der Aufklärung der Neigungen, der Bindungen und des Willens der Tochter wegen der geringen Eingriffsintensität der Ergänzungspflegschaft kein großes Gewicht zu.
b) Kindesanhörung ohne Verfahrensbeistand
Nach einer weiteren Entscheidung des BVerfG ist es verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden, wenn ein Verfahrensbeistand aufgrund eigener Entscheidung auf die Teilnahme an der Anhörung des Kindes durch das (Beschwerde)Gericht verzichtet und stattdessen zuvor nochmals Kontakt mit den Kindern aufnimmt. § 159 Abs. 4 Satz 3 FamFG sei als Anwesenheitsrecht, nicht als Anwesenheitspflicht ausgestaltet. Es stehe deshalb einem Verfahrensbeistand frei, von der Teilnahme an der Anhörung abzusehen, wenn er dies für sinnvoll erachte.
c) Absehen von Anhörung in zweiter Instanz, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG
In der zuletzt genannten Entscheidung bestätigt das BVerfG auch die Rechtsprechung des BGH, wonach von der Wiederholung einer erstinstanzlich erfolgten Anhörung abgesehen werden könne, wenn keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien. Diese Voraussetzung sei insbesondere dann erfüllt, wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliege, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten wolle und es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankomme.
d) Unterlassene Elternanhörung
Unterbleibt in beiden Instanzen die persönliche Anhörung nach § 160 Abs. 1 Satz 1 FamFG, so begründet dies in einem allein auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts begrenzten Verfahren auf Anordnung einer Ergänzungspflegschaft keinen Verfassungsverstoß. Denn der Anhörungszweck, für die Entscheidung in der Kindschaftssache bedeutsame psychologische Umstände zu ermitteln und sich einen persönlichen Eindruck von den Eltern zu verschaffen, greife in diesen Verfahren regelmäßig nicht, zumindest nicht in einer mit den sonstigen von der Vorschrift erfassten Kindschaftssachen vergleichbaren Weise. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liege selbst dann nicht vor, wenn schon das Familiengericht von einer persönlichen Anhörung abgesehen hatte, die Eltern jedoch die Möglichkeit hatten, zur Notwendigkeit der Ermittlung der kindlichen Aussagebereitschaft schriftlich vorzutragen.