Regelmäßig, so auch in der vorgenannten Entscheidung, beanstandet das BVerfG, dass die angegriffenen Ausführungen der Fachgerichte zur Kindeswohlgefährdung zu allgemein gehalten seien: Nicht konkret genug sei etwa die Erwägung, dass die Eltern in der Vergangenheit in Gegenwart der Kinder "Konflikte in nicht unerheblicher Weise" ausgetragen hätten. Es genüge auch nicht die aus einem Sachverständigengutachten wiedergegebene Feststellung, der Vater zeige ein "stark eingeschränktes Feinfühligkeitsverhalten" oder dessen von mehreren Personen beschriebene aggressiven und aufbrausenden Verhaltensweisen würden kein entspanntes und liebevolles Familienklima schaffen. Auch die Begründung, der Vater vermittle den Kindern durch seine "bizarren Aussagen und ironischen Kommentare ein verwirrendes Bild der Realität und von ihnen selbst", lasse im Dunkeln, inwiefern sich hieraus Gefährdungen der Kinder ergeben könnten.

Mit Beschl. v. 10.6.2020[3] unterstreicht das BVerfG seine ständige Rechtsprechung, wonach eine Trennung des Kindes von seinen Eltern nur zur Vermeidung einer nachhaltigen Kindeswohlgefährdung in Betracht komme, die dann anzunehmen sei, wenn bei ihm bereits ein Schaden eingetreten sei oder sich eine erhebliche Gefährdung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse. Die dem Kind drohenden Schäden müsse das Gericht nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit konkret benennen. Wenn "diagnostizierte Verhaltensauffälligkeiten" des Kindes als Gefährdungsgrund angeführt würden, müsse die Grundlage für die Annahme einer Diagnose deutlich gemacht werden; allein beobachtende Wahrnehmungen des kindlichen Verhaltens durch Lehr- und andere pädagogische Kräfte seien noch keine für eine Diagnose charakteristische zusammenfassende Beurteilung erhobener Befunde. Ebenso konkret sei darzulegen, dass auch unter Berücksichtigung der negativen Folgen einer Trennung des Kindes von den Eltern eine hinreichende Aussicht auf Beseitigung der drohenden Kindeswohlgefährdung bestehe und sich die Situation des Kindes in der Gesamtbetrachtung verbessere. Mit weiterem Beschl. v. 19.6.2020[4] betont das BVerfG, eine Bezugnahme in der Begründung auf inhaltlich nicht oder allenfalls rudimentär wiedergegebene Erkenntnisquellen reiche keinesfalls aus.

Bereits im Beschl. v. 10.12.2019[5] hatte das BVerfG die Notwendigkeit betont, Feststellungen zu den Einschränkungen, die sich aus der Intelligenzminderung eines Elternteils Bezug auf die Erziehungsfähigkeit ergeben, sowie zu Art, Schwere und Wahrscheinlichkeit der befürchteten Beeinträchtigungen des Kindes konkret zu benennen. Der Umstand, dass ein Mensch "nie berufliche Pläne entwickelt" habe, sei für sich genommen kaum ein geeignetes Kriterium dafür, ihm pauschal die Förderkompetenz für sein Kind abzusprechen.

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