Der Deutsche Familiengerichtstag hat – neben den bereits bestehenden Kommissionen – eine weitere und umfassende Kommission eingerichtet, die Reformkommission. Diese erarbeitet in einzelnen Arbeitsgruppen Vorschläge für die einzelnen familienrechtlichen Themen- und Regelungsbereiche Inzwischen liegen erste Ergebnisse vor, und zwar, den Gegenstand dieses Jahresbeitrags betreffend, zum Thema "Reformbedarf im Güterrecht und Nebengüterrecht", wovon hier also zu berichten ist. Die Ergebnisse sind bereits in der FamRZ veröffentlicht.
Aus der Arbeitsgruppe "Reformbedarf im Güterrecht und Nebengüterrecht" sind zwei alternative Reformvorschläge zur gesetzlichen Regelung des sog. Nebengüterrechts hervorgegangen, die einvernehmlich das Ziel verfolgen, es aus dem bisherigen Richterrecht heraus zu lösen (dessen Anspruchsgrundlagen im Allgemeinen und besonderen Schuldrecht liegen), die konkludente Ehegatteninnengesellschaft bisheriger Prägung von ihren bisherigen Besonderheiten zu befreien, sodass nur dass übrigbleibt, was formell und materiell zur Innengesellschaft auch für Nichtehegatten gilt, und es einer gesetzlichen Regelung im Sinne der Geschäftsgrundlagenlehre zuzuführen, die ihren Standort im 4. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuch hat.
Erster Vorschlag: Schaffung einer neuen speziellen, Vorschrift des Zugewinnausgleichs
Danach wird vorgeschlagen, in einem neuen Abschnitt 1a folgende Regelung aufzunehmen:
Zitat
"§ 1588a Ausgleich nach Leistungen besonderer Art"
(1) Hat ein Ehegatte dem anderen unentgeltlich eine Zuwendung oder vermögensbildende Arbeitsleistungen zur Forderung der Lebensgemeinschaft erbracht, die über die Bedürfnisse des täglichen Lebens hinausgehen, so kann er beim Scheitern der Lebensgemeinschaft einen angemessenen Ausgleich verlangen, sofern er die Leistung bei Voraussehen des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nicht erbracht hätte und soweit ihm die Beibehaltung der bestehenden Vermögenslage unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zugemutet werden kann. Zu berücksichtigen ist insbesondere, ob bereits das Güterrecht zu einem angemessenen Vermögensausgleich führt.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für unentgeltliche Zuwendungen und Arbeitsleistungen, die Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder Dritte zur Forderung der Lebensgemeinschaft erbracht haben.“
Zweiter Vorschlag: Aufnahme in die Zugewinnausgleichsvorschrift des § 1378 BGB und dessen Ergänzung um einen neuen Absatz 2
Zitat
"(2) Liegen die Voraussetzungen von Abs. 1 nicht vor, steht dem anderen Ehegatten gleichwohl eine Ausgleichsforderung zu, soweit"
1. das aktive Endvermögen i.S.d. § 1375 Abs. 1 S. 1 auf Wertschöpfungen des anderen Ehegatten beruht und
2. das Versagen eines Ausgleichsanspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unzumutbar wäre.
Das Versagen eines Ausgleichsanspruchs kann insbesondere unzumutbar sein, soweit
1. ein Überschuss nach Abs. 1 wegen nachträglichen Fortfalls von Vermögen i.S.d. § 1374 nicht vorliegt oder
2. dem Endvermögen i.S.d. § 1375 Abs. 1 S. 1 Verbindlichkeiten entgegenstehen.
Satz 1 gilt entsprechend, soweit der Zugewinnausgleich vertraglich ausgeschlossen ist und der Ausschluss einer Inhalts- und Ausübungskontrolle nicht standhält.“
Autor: Dr. Thomas Herr
Dr. Thomas Herr, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Kassel
FF 4/2021, S. 136 - 142