Aufgrund der Interdependenz zwischen Ehevertragskontrolle und dem evtl. Erfordernis der Geltendmachung nebengüterrechtlicher Ansprüche ist an dieser Stelle auch über die diesbezügliche BGH-Rechtsprechung zu berichten. Zwar hat der Zugewinnausgleich nach wie vor eine "schlechte" Position im Kernbereichsranking des Bundesgerichtshofs, jedoch hat sich inzwischen immerhin die Rechtsprechung zu Fällen der Funktionsäquivalenz zwischen Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich etabliert und kann unter besonderen Voraussetzungen auch die Vertragskontrolle über die (Teil)nichtigkeit zu anderen insbesondere sittenwidrigen Klauseln zum Erfolg verhelfen bzw. sich aus dem Zusammenspiel mit anderen Klausel ergeben.
Neben einer BGH-Entscheidung zu VA-Vereinbarungen und einer weiteren zu Sorgerechtsvollmachten ist ein Beschl. v. 27.5.2020 (XII ZB 447/19) mit dem Leitsatz "Inhaltskontrolle von Scheidungsfolgenvereinbarungen" zu erwähnen, auch wenn sie materiell vor allem Bezüge zur Ehegattenversorgung aufweist. Sie stellt nämlich nicht nur die wesentlichen BGH-Grundsätze zur Inhalts- und Ausübungskontrolle zusammen, sondern erstreckt sich auch auf die Frage von deren Anwendung für Vereinbarungen, die (erst) nach dem Scheitern der Ehe getroffen wurden. Bergschneider hat sie – wie immer – in der FamRZ besprochen. Er weist auf den für die anwaltliche Bearbeitung bedeutsamen Umstand hin, dass nach dieser Entscheidung bei Darlegung subjektiver Defizite auf Substanz zu achten ist (strukturelle Unterlegenheit, einseitige Einflussnahme auf die Vereinbarung, konkrete Gestaltung des Beurkundungsverfahrens einschließlich Belehrung durch den Notar, wirtschaftliche Abhängigkeit vom anderen Ehegatten).
Diese Frage bedurfte in ihrer Allgemeinheit keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls dann, wenn der Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit demjenigen des Scheiterns der Ehe praktisch identisch ist, ist, so der Bundesgerichtshof, in der Regel kein Raum für eine Ausübungskontrolle. Die ehelichen Lebensverhältnisse konnten sich in der Zeit zwischen Vertragsschluss bis zum Scheitern der Ehe nicht mehr ändern und somit auch nicht mehr Anlass zu einer Ausübungskontrolle geben.
Ist damit geklärt, dass eine Ausübungskontrolle unter diesen Voraussetzungen ausscheidet, bleibt zwar nach dem Wortlaut der Entscheidung offen, wie die Sache rechtlich liegt, wenn zwischen Vertragsabschluss und Ehescheitern eine gewisse Zeit vergangen ist. Ein zwingender Umkehrschluss lässt sich der Entscheidung nicht herleiten, wenn gleich die Möglichkeit einer Vertragskontrolle dann nicht fernliegt. Allerdings könnten erneut die Einzelfallumstände eine Rolle spielen; etwa könnte die Ausübungskontrolle umso eher möglich sein, je größer die zeitliche Distanz zwischen beiden Ereignissen ist und umgekehrt. Eine diesbezüglich weiterer BGH-Entscheidung bleibt also abzuwarten.