a) Anhängigkeit eines gerichtlichen Verfahrens
Voraussetzung für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes ist stets, dass überhaupt ein gerichtliches Verfahren anhängig ist, § 158 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Denn der eigenständige Interessenvertreter des Minderjährigen ist ein Verfahrensbeistand. Ohne ein gerichtliches Verfahren gibt es daher keinen Verfahrensbeistand! Ist das Verfahren mit einer abschließenden Endentscheidung beendet worden, ist der Verfahrensbeistand nicht mehr berechtigt, irgendwelche Anträge zu stellen.
b) Gewährung rechtlichen Gehörs vor der Verfahrensbeistandsbestellung
Das Familiengericht muss vor der Bestellung des Verfahrensbeistandes den Eltern als Verfahrensbeteiligte i.S. des § 7 FamFG grundsätzlich rechtliches Gehör gewähren. Dies ist sowohl in Hinblick auf die Steigerung der Verfahrenseffizienz als auch im Hinblick auf das Risiko der Eltern, nach Abschluss des Verfahrens mit den Kosten des Verfahrensbeistandes belastet zu werden, unbedingt erforderlich. Kommt das Gericht dieser Verpflichtung nicht nach, dürfen einem Beteiligten unter dem Gesichtspunkt einer unrichtigen Sachbehandlung (§ 20 Abs. 1 FamGKG) keine Kosten für die Verfahrensbeistandsbestellung auferlegt werden, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass die Verfahrensbeistandsbestellung unnötig gewesen ist. Auch die zwingende Bestellung des Verfahrensbeistandes in den Fällen des § 158 Abs. 2 FamFG ändert an der Gewährung des rechtlichen Gehörs nichts. Denn auch in diesen Fallkonstellationen dient die Gewährung des rechtlichen Gehörs der Verfahrenseffizienz. Sie kann in der Feststellung bestehen, ob der Verfahrensbeistand z.B. über besondere Sprachkenntnisse verfügt, sodass ein Dolmetscher nicht mehr hinzugezogen werden muss.
c) Erforderlichkeit der Verfahrensbeistandsbestellung
Dem Wortlaut der Grundnorm des § 158 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist zu entnehmen, dass eine Verfahrensbeistandsbestellung in Betracht kommt, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Hieraus ergibt sich, dass nach der Konzeption des Gesetzes die Bestellung des Verfahrensbeistands nicht in allen Kindschaftssachen erfolgen soll. Sie kommt daher nicht in Betracht bei Entscheidungen von geringer Tragweite. Das ist z.B. der Fall bei einem Streit der Eltern um die Überlassung von aktuellen Fotos des Kindes nach § 1686 BGB. und auch nicht bei einem fehlenden Interessenkonflikt der Eltern, der sich nicht auf die zukünftige Lebensgestaltung des Kindes in erheblichem Umfang auswirken kann. Auch wenn die Vorschrift des § 158 Abs. 2 FamFG Fälle aufzählt, bei denen die Bestellung stets erforderlich ist, und die Vorschrift des § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG Fälle erwähnt, bei denen die Bestellung in der Regel erforderlich ist, hat die Grundnorm des § 158 Abs. 1 FamFG nach wie vor Bedeutung.
d) Begründung der Bestellung des Verfahrensbeistandes?
Ob die Bestellung eines Verfahrensbeistandes eingehend begründet werden muss, ist umstritten. Zweifel hieran könnten sich aus § 158 Abs. 2 Satz 2 FamFG ergeben, der bestimmt, dass nur in Fällen des Absehens von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes eine Begründung erforderlich ist. Im Hinblick darauf, dass es mit dem grundsätzlichen Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder am 1.7.2021 nunmehr eine obligatorische Verfahrensbeistandsbestellung (§ 158 Abs. 2 FamFG) und eine Regelbestellung des Verfahrensbeistandes (§ 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG) gibt, muss zwischen diesen Fällen differenziert werden. Bei der Muss-Bestellung des Verfahrensbeistandes entfällt jegliche Begründungspflicht. Denn sie ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Anders könnte es hingegen bei der Regelbestellung des Verfahrensbeistands nach § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG sein. Im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Endentscheidung, mit der auch die Bestellung des Verfahrensbeistands gerügt werden kann, empfiehlt sich eine Darlegung der Gründe, die zur Bestellung dieses Beistands geführt haben. Menne führte bezüglich des alten Verfahrensbeistandsrechts hierzu aus, dass eine kurze Begründung für die Bestellung des Verfahrensbeistandes empfehlenswert sei. Daher genügt es in den Regelfällen des § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht, lediglich die in Betracht ...