Erläuterungen anhand der Entscheidung des AG Köln v. 10.3.2023 – 332 F 50/20

Einführung

Der folgende, sehr knappe Beschluss ist weder aufgrund der Rechtsausführungen noch wegen des Sachverhaltes bemerkens- bzw. beachtenswert. Nein – dass diesem Beschluss einige erläuternde Worte angefügt werden, rechtfertigt sich allein aus pragmatisch-praktischen Erwägungen, weil sich anhand dieses Beschlusses sehr schön die Voraussetzungen, die (Kosten-) Folgen und das Verfahren für eine erfolgreiche Entpflichtung des Verfahrensbeistands aufzeigen lassen:

I. Der Beschluss

Das Amtsgericht Köln hat in seiner Entscheidung die Aufhebung der Bestellung der Verfahrensbeiständin gem. § 158 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FamFG wie folgt begründet:

Zitat

"Die Fortführung des Amtes würde die Interessen des Kindes gefährden, nachdem die Verfahrensbeiständin aus nicht näher dargelegten Gründen und unter Außerachtlassung der bisherigen Dauer des Verfahrens kurzfristig angekündigt hat, zu dem anberaumten Verhandlungs-/Anhörungstermin am 21.2.2023 nicht zu erscheinen."

II. Das Problem

Um was geht es? Der vorliegende Beschluss ist in einem kindschaftsrechtlichen Verfahren ergangen, in dem es um die Regelung des Umgangs zwischen einem heute zehn Jahre alten Kind und dessen Vater geht. Das Verfahren wurde, wie das Aktenzeichen zeigt, bereits im Jahr 2020 eingeleitet. Ein Grund für die überaus lange Verfahrensdauer war u.a. der Umstand, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde. Die bestellte Verfahrensbeiständin – eine Rechtsanwältin – führte mit dem Kind lediglich zu Beginn des Verfahrens – Anfang 2021 – ein kurzes Gespräch und telefonierte im Herbst 2021 einmalig mit dessen Klassenlehrerin. Auf die im Verfahren erfolgte Anregung eines Beteiligten, sie möge ihre fachliche Eignung dem Familiengericht gegenüber nachweisen (§ 158a Abs. 1 Satz 2 FamFG), hat sie genauso wenig reagiert wie auf die Rüge, seit dann deutlich über eineinhalb Jahren keinen Kontakt mehr zum Kind gesucht zu haben. Nachdem das Familiengericht den Termin angesetzt hatte, hat die Verfahrensbeiständin kurz vor dem Termin ohne Angabe von Gründen erklärt, nicht erscheinen zu wollen. Daraufhin hat das Familiengericht sie mit dem vorliegenden Beschluss entpflichtet und dem Kind einen neuen Verfahrensbeistand bestellt.

III. Die Aufhebung der Bestellung eines Verfahrensbeistandes

Und was sagt uns die kurze und bündige Entscheidung?

1. Entpflichtung abgelehnt

Obwohl sehr knapp, stellt die Entscheidung des Familiengerichts Köln eine bemerkenswerte Ausnahme dar. Denn sie betrifft einen Fall, in dem die Anregung eines Verfahrensbeteiligten, den Verfahrensbeistand von seinem Amt zu entbinden[1] – die erst kürzlich mit § 158 Abs. 4 Satz 2 FamFG deutlich präziser gefasst wurde[2] – Erfolg hatte. In der familiengerichtlichen Praxis kommt eine Entpflichtung des Verfahrensbeistands aufgrund von "Amtspflichtverletzungen" – eine Aufhebung der Bestellung nach § 158 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 FamFG[3] – nämlich eher selten vor.[4] Denn die "Masse" der veröffentlichten Entscheidungen betreffen Konstellationen, in denen ein Entlassungsantrag erfolglos geblieben ist.

Aus der insoweit veröffentlichten Rechtsprechung sind beispielhaft zu nennen:

Strafanzeigen eines beteiligten Elternteils gegen den Verfahrensbeistand führen nicht dazu, dass der Verfahrensbeistand zu entpflichten wäre:[5] Dass Strafanzeigen, die von einem Elternteil ausgehen, grundsätzlich ungeeignet sind, um eine Ablösung des Verfahrensbeistands zu erreichen, liegt auf der Hand, weil es andernfalls "ein Leichtes" wäre, einen unliebsamen Verfahrensbeistand auf diese Weise aus dem Verfahren zu drängen.[6]
Bloße Vorwürfe eines Beteiligten, der Verfahrensbeistand "arbeite nicht ordentlich" oder gebe die Meinung des Kindes nicht korrekt wieder, rechtfertigen ebenfalls keine Entlassung;[7]
die Übernahme der von einem Elternteil gegenüber dem Verfahrensbeistand gemachten Angaben, ohne diese Erklärungen zuvor auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft zu haben, zieht keine Ablösung nach sich.[8]
Die Rüge eines Elternteils, der Verfahrensbeistand "handle seit Jahren stets ausschließlich im Sinne des Jugendamtes, weshalb dem Verfahrensbeistand “tiefstes Misstrauen' entgegenzubringen sei", rechtfertigt keine Entlassung;[9]
der Umstand, dass der Verfahrensbeistand nicht auf die Forderung eines Elternteils eingeht, mit dem Kind nur an dem von diesem Elternteil genannten Ort und unter den vom Elternteil vorgegebenen Modalitäten zu sprechen, vermag keine Ablösung des Verfahrensbeistands zu begründen.[10]
Die Art und Weise, wie der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit wahrnimmt oder der Inhalt seiner Berichte – beispielsweise eine vermeintliche "Einseitigkeit" – stellen ebenfalls grundsätzlich keine Gründe dar, um ihn von seinem Amt zu entbinden;[11]
dass zwischen dem Verfahrensbeistand und einem Elternteil eine persönliche Bekanntschaft besteht, genügt für sich allein nicht für eine Entlassung.[12]
Der Vorwurf, der Verfahrensbeistand bevorzuge den anderen Elternteil, er sei nicht "neutral" sowie die Unzufriedenheit eines Elternteils mit den Berichten des Verfahrensbeistands oder desse...

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