Teil 2
Einführung
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Fortsetzung des Beitrags aus FF 2024, 108 ff.
2. Ehesachen nach §§ 111 Nr. 1, 127 FamFG
a) Eingeschränkte Amtsermittlung
Der im FamFG grundsätzlich nach § 26 FamFG geltende Amtsermittlungsgrundsatz wird durch § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG zunächst ausgeschlossen und dann in der leicht eingeschränkten Form des § 127 FamFG wieder eingeführt, da wegen des besonderen staatlichen Schutzes der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG und den Auswirkungen dieses Rechtsstatus auf Dritte keine Dispositionsfreiheit der Beteiligten besteht. Während § 127 Abs. 2 FamFG den Amtsermittlungsgrundsatz in Scheidungs- und Eheaufhebungsverfahren auf eheerhaltende Tatsachen beschränkt, müssen nach § 127 Abs. 3 FamFG Tatsachen für Härtefalleheerhaltungsgründe nach § 1568 Alt. 2 BGB beigebracht werden. Gegenstand der Amtsermittlungen sind die rechterheblichen Tatsachen des materiellen Rechts, also vor allem die Trennungsvoraussetzungen und -fristen. Hier gelten die oben zu § 26 FamFG dargestellten Grundsätze, so dass dem Gericht lediglich Grenzen bei der Ermittlung der rechtserheblichen Tatsachen durch den Verfahrensgegenstand und die Privat- und Intimsphäre der Beteiligten gesetzt sind. Bei schlüssigen und übereinstimmend vorgetragenen Scheidungsvoraussetzungen besteht deshalb selbst bei noch gemeinsamer Wohnung keine Veranlassung für weitere Ermittlungen. Bei Zweifeln am Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen kann das Ruhen des Verfahrens bis zu deren Vorliegen auf beiderseitigen Antrag nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 251 ZPO angeordnet werden.
b) Feststellungslast
In Bezug auf die materiellen Scheidungsvoraussetzungen trifft den Antragsteller die Feststellungslast für Zulässigkeit und die materiellen Scheidungsvoraussetzungen eines Scheidungsantrags, den scheidungsunwilligen Ehegatten jedoch für behauptete Versöhnungsversuche.
Wird ein Scheidungsantrag zu früh gestellt, droht eine Terminierung und bei Nichtvorliegen der materiellen Scheidungsvoraussetzungen auch eine kostenpflichtige Antragszurückweisung. Ein neues Verfahren kann zwar womöglich durch eine Beschwerdeeinlegung vermieden werden, wenn bis zur Entscheidung über die Beschwerde das Trennungsjahr abgelaufen ist, jedoch nur um den Preis des entsprechenden Kostennachteils. Das kann dennoch sinnvoll sein, um den Stichtag zu bewahren. Die Stellung des Scheidungsantrags zwei bis drei Monate vor Ablauf des Trennungsjahres wird regelmäßig von den Gerichten nicht beanstandet, wenn durch den Versorgungsausgleich eine Verbundentscheidung ohnehin erst viel später ergehen kann und dann die Scheidungsvoraussetzungen vorliegen werden.
Für das Beweisrecht gelten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG die Vorschriften der ZPO. Dazu passt allerdings nicht, dass § 127 FamFG die weitgehende Geltung des Untersuchungsgrundsatzes anordnet. Konsequent dürften daher die §§ 29-30 FamFG vom Verweis in § 127 Abs. 1 FamFG umfasst sein. Es besteht schließlich Einigkeit darin, dass eine Beweisaufnahme ohne Beweisanträge angeordnet werden kann. Damit gilt grundsätzlich das Freibeweisverfahren. Es sollte daher in diesem Zusammenhang in der Literatur besser von der Feststellunglast und nicht von der Beweislast die Rede sein.