In seiner Entscheidung vom 29. Januar 2003 (– XII ZR 92/01 – FamRZ 2003, 590) hat der Senat schließlich erstmals klargestellt, dass § 1578 BGB und die bisherige Anknüpfung an die zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung maßgebenden Umstände keine die früheren ehelichen Lebensverhältnisse unverändert fortschreibende Lebensstandardgarantie begründen, deren Erfüllung nur in den Grenzen fehlender Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten an dessen dauerhaft veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepasst werden könnte. Für eine solche Absicherung biete das nacheheliche Unterhaltsrecht, das nur die Risiken der mit Scheidung fehlgeschlagenen Lebensplanung der Ehegatten und ihrer Arbeitsteilung in der Ehe angemessen ausgleichen will, keine Rechtfertigung. Denn das Unterhaltsrecht will den bedürftigen Ehegatten nach der Scheidung wirtschaftlich nicht besser stellen, als er sich ohne Scheidung stünde. Da er bei fortbestehender Ehe die negativen Einkommensentwicklungen des Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich mitzutragen hätte, sei nicht einzusehen, warum ihm die Scheidung das Risiko einer solchen Entwicklung abnehmen und allein dem Unterhaltspflichtigen aufbürden solle.
Diese Grundsätze bezogen sich auf einen Fall, in dem der unterhaltspflichtige Ehemann sich in einem Scheidungsvergleich zu Unterhaltszahlungen auf der Basis seines bei seiner früheren Arbeitgeberfirma bezogenen Einkommens von rund 7.320 DM netto verpflichtet hatte. Diese Verpflichtung war aber laut Vergleich von vornherein auf die Dauer seines Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Kurz nach Rechtskraft der Scheidung schlossen der Unterhaltspflichtige und seine Arbeitgeberin eine Vereinbarung, wonach sein Arbeitsverhältnis noch rund ein ¾ Jahr dauern sollte. Er erhielt eine Abfindung von 300.000 DM brutto. Der Unterhaltspflichtige war dann ca. ½ Jahr zunächst arbeitslos und fand anschließend eine Arbeit, die mit nur 5.600 DM dotiert war. Das OLG hat der Unterhaltsbedarfsbemessung das zuletzt vom Ehemann bezogene Gehalt zugrunde gelegt, ferner die Abfindung, die erst nach der Scheidung bezogen wurde, unberücksichtigt gelassen. Beides hat der BGH gebilligt.
Diese Grundsätze hat der Senat in seinen Entscheidungen vom 15. März 2006 (– XII ZR 30/04 – FamRZ 2006, 683, 686), vom 6. Februar 2008 (– XII ZR 14/06 – FamRZ 2008, 968 f.) und vom 17. Dezember 2008 (– XII ZR 9/07 – FamRZ 2009, 411) auch auf sonstige Veränderungen der maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich auf das dem Unterhaltspflichtigen verfügbare Einkommen auswirken, ausgedehnt. Auch der Hinzutritt vorrangiger oder gleichrangiger weiterer Unterhaltsberechtigter hat daher Einfluss auf den Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten. Eine wegen solcher veränderter Verhältnisse notwendig werdende Korrektur muss nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht erst bei der Leistungsfähigkeit, sondern schon bei der Bedarfsbemessung einsetzen.