Da entscheidend darauf abzustellen ist, dass das Recht des nachehelichen Unterhalts, insbesondere der Maßstab in § 1578 BGB, keine unverrückbare Lebensstandardgarantie für einen Ehegatten sicherstellt, sind spätere Einkommensänderungen grundsätzlich zu berücksichtigen, und zwar unabhängig davon, ob sie noch vor oder erst nach Rechtskraft der Scheidung eingetreten sind und ob es sich hierbei um Einkommensverbesserungen oder Verschlechterungen handelt. Allerdings sind wegen des Maßstabes der ehelichen Lebensverhältnisse für bestimmte Fallgestaltungen Ausnahmen zu machen:
Die Berücksichtigung von nachehelichen Einkommensminderungen findet ihre Grenze erst in der nachehelichen Solidarität der geschiedenen Ehegatten. Beruhen die Einkommensminderungen nämlich auf einer Verletzung der Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen oder sind sie durch seine freiwilligen beruflichen oder wirtschaftlichen Dispositionen veranlasst und hätten von ihm durch zumutbare Vorsorge aufgefangen werden können, bleiben sie unberücksichtigt. Stattdessen sind fiktive Einkünfte (in Anknüpfung an das vorher erzielte Einkommen) anzusetzen (Senatsurteil vom 6. Februar 2008 a.a.O. S. 972).
Das gilt im Übrigen in gleicher Weise, soweit der Unterhaltsberechtigte in Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit es unterlässt, Einkünfte zu erzielen, oder seine Einkünfte schmälert. Auch hier sind sie ihm fiktiv zuzurechnen (Senatsurteil vom 15. März 2006 a.a.O. S. 684).
Ausnahmen von der Berücksichtigung von Einkommenssteigerungen gelten dann, wenn diese nicht schon in der Ehe angelegt waren (wie z.B. allgemeine Lohnsteigerungen), sondern auf einer unerwarteten Entwicklung beruhen ("Karrieresprung", Senatsurteile vom 28. Februar 2007 – XII ZR 37/05 – FamRZ 2007, 793, 795, vom 6. Februar 2008 – XII ZR 14/06 – FamRZ 2008, 968 und vom 17. Dezember 2008 – XII ZR 9/07 – FamRZ 2009, 411). Nach dem Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit in § 1569 BGB dürfen sich nacheheliche Einkommenssteigerungen nur dann bedarfssteigernd auswirken, wenn ihnen eine Entwicklung zugrunde liegt, die aus der Sicht zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Denn das Unterhaltsrecht will den geschiedenen Ehegatten nicht besser stellen, als er während der Ehe stand. Soweit allerdings ein nachehelicher Karrieresprung lediglich einen neu hinzugetretenen Unterhaltsbedarf auffängt und nicht zu einer Erhöhung des Unterhalts nach den während der Ehe absehbaren Verhältnissen führt, vielmehr der Hinzutritt der weiteren Unterhaltsberechtigten den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen absenkt, ist dies mit zu berücksichtigen, und zwar in der Weise, dass das aktuell auf Grund des Karrieresprungs erzielte Einkommen in die gesamte Unterhaltsbemessung einzubeziehen ist (Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 a.a.O. und vom 28. Januar 2009 – XII ZR 119/07 – FamRZ 2009, 579).
Zu berücksichtigen sind auch Verbesserungen, die auf dem absehbaren Wegfall von Zahlungsverpflichtungen beruhen (z.B. nachehelich weiter abgetragene Hausschulden), weil hier in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass der Unterhaltspflichtige die Bedienung der während der Ehe eingegangenen Schulden auch danach fortsetzt, bis sie abbezahlt sind, und dann wieder freies Geld zur Verfügung hat.