1. Entscheidung des 12. Senats vom 30.7.2008
Die Entscheidung des 12. Senats des BGH vom 17.9.2008 zur Berücksichtigung des Splittingvorteils aus neuer Ehe beim Unterhalt für Kinder aus früherer Ehe steht in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang, aber auch in inhaltlicher Abgrenzung zur vorausgegangenen Entscheidung des 12. Senats vom 30.7.2008 zur Berücksichtigung des Splittingvorteils aus einer neuen Ehe beim Geschiedenenunterhalt.
In der Entscheidung vom 30.7.2008 hat der 12. Senat des BGH – in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung – ausgeführt, dass der Splittingvorteil aus der Wiederverheiratung auch im Rahmen des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten beim Unterhaltsbedarf Berücksichtigung finden müsse. Dort hat der 12. Senat entschieden, dass der nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln sei.
Eine Ausnahme von dieser Dreiteilung ergebe sich nur bei unterschiedlicher Rangfolge der Unterhaltsansprüche des derzeitigen und des früheren Ehegatten im Rahmen der Leistungsfähigkeit, wenn ein Mangelfall vorliege. Durch diese neue Rspr. zum Ehegattenunterhalt werde der neuen Ehe nicht der ihr zustehende steuerrechtliche Vorteil des Splittings entzogen, denn mit der neuen Ehe steige zwar in Folge des Splittingvorteils das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen an, zugleich führe der hinzugekommene Unterhaltsbedarf aber zu einer Kürzung des Unterhaltsbedarfs des geschiedenen Ehegatten. Der im Verhältnis zum neuen Ehegatten zu berücksichtigende Splittingvorteil nehme deshalb im Ergebnis lediglich die Kürzung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten teilweise zurück.
Im Wege einer Kontrollberechnung sei jedoch sicherzustellen, dass entsprechend der Rspr. des BVerfG den geschiedenen Ehegatten so kein höherer Unterhaltsanspruch zustehen dürfe, als er ohne die neue Ehe des Unterhaltspflichtigen hätte.
2. Entscheidung des 12. Senats vom 17.9.2008
Während es sich bei der Entscheidung des 12. Senats vom 30.7.2008 um eine Rechtsprechungsänderung zur Berücksichtigungsfähigkeit des Splittingvorteils beim Ehegattenunterhalt handelt, gilt dies für die Entscheidung vom 17.9.2008 nicht. In der Entscheidung vom 17.9.2008 folgt der Senat seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach beim Kindesunterhalt der Splittingvorteil sowohl bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs als auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen sei. Er stellt insoweit allerdings klar, dass dies gelte, soweit der Splittingvorteil auf dem alleinigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen in der neuen Ehe beruhe.
Der 12. Senat sieht seine Rechtsauffassung dadurch bestätigt, dass sich auch die Düsseldorfer Tabelle bei der Bedarfsbemessung am tatsächlich verfügbaren Einkommen des Unterhaltsschuldners orientiere und die Tabelle, die im Regelfall von drei Unterhaltsberechtigten ausgeht, die Einstufung des Kindesunterhalts auf Grund des Einkommens des Unterhaltspflichtigen nach der Zahl der Unterhaltsberechtigten durch Höher- und Herabstufungen korrigiert, ohne dass es auf den Rang der Unterhaltsberechtigten ankommt.
Erst dann, wenn das Einkommen einschließlich des Splittingvorteils für den Unterhalt sämtlicher, auch nachrangiger Berechtigter nicht ausreiche, sei als Kindesbedarf nach § 1610 BGB regelmäßig der Mindestunterhalt anzusetzen.
Den Unterhaltsschuldner schützt in Mangelfällen der ihm zu belassende Selbstbehalt. In diesem Rahmen ist wegen der sog. gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB der weitergehende Betrag aller verfügbaren Mittel gleichmäßig für den Unterhalt der Kinder zu verwenden. Schon aus diesem Gesetzeswortlaut (alle verfügbaren Mittel) schließt der 12. Senat, dass es sich insoweit auch um den Splittingvorteil auf Grund der neuen Ehe handeln müsse, zumindest soweit dieser auf dem alleinigen Einkommen des Unterhaltspflichtigen beruht.
Wie das verfügbare Einkommen im Mangelfall zu verteilen ist, ergibt sich sodann allein aus der gesetzlichen Rangfolge gem. §§ 1609, 1582 BGB.
Eine klare Absage erteilt der 12. Senat der vom Berufungsgericht und in der Literatur vertretenen Auffassung, wonach der Splittingvorteil auch für den Kindesunterhalt deshalb nicht heranzuziehen sei, weil dies eine Parallelwertung zu Steuervorteilen gebiete, die auf unterhaltsrechtlichen nicht anerkennungsfähigen Aufwendungen beruhen. Der 12. Senat vertritt dazu die Auffassung, dass der Splittingvorteil nicht in konkreter Relation zu Belastungen und Leistungen an den neuen Ehegatten stehe, sondern vielmehr eine vom Gesetzgeber bewusst pauschalierte steuerrechtliche Regelung sei, die dem Steuerpflichtigen den Splittingvorteil auch belasse, wenn er keine Unterhaltsleistungen in der Neuehe erbringe.
Auch aus der Zweckbestimmung des Splittingvorteils – Förderung der Neuehe – könne nicht abgeleitet werden, dass wegen dieser Zweckbestimmung der Vor...