An dieser Stelle setzt nunmehr die entscheidende Weichenstellung für das Beweisverfahren ein. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
- Ein Rechtsstreit muss vermieden werden können (Ziff. 1.),
- es darf kein anderer Prozess anhängig sein (Ziff. 2.).
Zu Ziff. 1.:
Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur kontrovers diskutiert. Das OLG Koblenz befindet sich in Übereinstimmung mit der im Vordringen befindlichen Auffassung in der Judikatur. Danach ist eine Schlichtungsmöglichkeit im weitesten Sinne ausreichend. Nicht nur nahe liegende, sondern sogar entfernte Schlichtungschancen genügen zur Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens. Selbst dann, wenn der Antragsgegner
- seine Einstandspflicht leugnet oder
- Verjährung geltend macht oder
- sich auf Gewährleistungsausschluss beruft oder
- sogar jegliche gütliche Einigung im Vorfeld ablehnt
bleibt das selbständige Beweisverfahren zulässig. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzessystematik lässt sich erkennen, dass eine bestimmte Mindestwahrscheinlichkeit zur Streitschlichtung geeignet sein muss. Sachverständigengutachten sind bei naturwissenschaftlich gesicherten oder auf andere Weise objektiv fundierten Feststellungen in aller Regel besonders überzeugungskräftig. Sie können daher auch besonders leicht zu Änderungen vorgefasster Meinungen bzw. "Vor-"urteile der Parteien führen. Selbst eine bereits vor Gutachtenerstattung erklärte Verweigerungshaltung steht einer Beweiserhebung damit nicht entgegen.
Im Übrigen kann es ja durchaus so sein, dass es der Antragsteller bei einem für ihn negativen Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens unterlassen wird, einen risikoreichen Prozess anzustrengen. Damit kann sogar bei einem nicht vergleichsbereiten Gegner das Beweisverfahren einen Rechtsstreit durchaus vermeiden helfen. Ähnliches gilt, wenn das Beweisverfahren für den Antragsteller nicht sehr günstig verlaufen ist, sich vielleicht aber u.U. ein Restbetrag ergibt. In diesem Fall könnte der Antragsgegner zur Vermeidung eines teureren Prozesses bereit sein, auf dieser (Minimal-)Basis eine Regelung zu suchen. Die neuere Rechtsprechung verneint das rechtliche Interesse dementsprechend nur dann, wenn
- kein Rechtsverhältnis,
- kein möglicher Prozessgegner oder
- kein Anspruch ersichtlich ist.
Ein rechtliches Interesse wird daher in der Regel nach dieser Judikatur wohl nie das Verfahren hindern.
Zu Ziff. 2.: Anderweitiger Prozess
Das Problem liegt in diesen Fällen darin, dass kein Hauptsacheprozess anhängig sein darf. Wird der Zugewinn als Zahlungsanspruch im Verbund verfolgt, scheidet dieses Verfahren demzufolge von vornherein aus. Das Gleiche gilt, falls eine selbständige Klage nach Rechtskraft der Scheidung als Stufenklage anhängig gemacht oder wenn während des Verfahrens ein vorzeitiger Zugewinnausgleichsanspruch im Wege der Stufenklage erhoben wird. Letztere Verfahrensweise bietet sich immer dann an, falls der Verpflichtete im Rahmen der Auskunftsstufe "mauert" und keinerlei Unterlagen vorlegt, welche zur Bewertung z.B. einer Firma notwendig sind. In diesen Fällen sollte daher ausnahmsweise wie folgt verfahren werden:
Es wird nur die Auskunft eingeklagt. Ein Verfahren im Verbund ist damit nicht möglich. Diese Klage dürfte nämlich nur als Stufenklage erhoben werden. Es muss vielmehr eine selbständige Auskunftsklage erhoben werden. Die Stufenklage wird gerade also nicht erhoben. Wird der Gegner verurteilt, Unterlagen herauszugeben, ist diese Auskunftsklage erledigt. Ein Rechtsstreit ist damit nicht mehr anhängig. Das Beweisverfahren kann nunmehr eingeleitet werden. Sofern sich im Rahmen dieses Beweisverfahrens herausstellt, dass noch Unterlagen fehlen, werden diese sicherlich vom Gutachter bzw. vom Gericht angefordert werden. Gegebenenfalls kann insoweit noch einmal eine ergänzende Auskunftsklage diesen Punkt klären.
Dieses Verfahren bietet unschätzbare Vorteile gegenüber der normalen Vorgehensweise. Der Wert wird zügig ermittelt. Dieser kann Grundlage eines Einigungsgespräches sein. Vor allem die Kostensituation ist für den Antragsteller wesentlich günstiger. Die Kosten von Parteigutachten können nicht auf den Gegner abgewälzt werden. Insoweit handelt es sich nicht um notwendige Rechtsverfolgungskosten. Anders ist die Rechtslage bei den Kosten des Beweisverfahrens. Wird der Hauptsacheprozess anhängig, können diese Kosten als notwendige Rechtsverfolgungskosten angemeldet werden.
Aber auch hier gilt es für den Antragsteller, bezüglich einer eventuellen Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruches Vorsicht walten zu lassen. Die bloße Auskunftsklage hemmt die Verjährung des Hauptsacheanspruches nicht. Demgegenüber entfaltet der Beweissicherungsantrag die Wirkung der Hemmung. Solange die Ehe nicht geschieden ist, droht ohnehin wegen § 207 BGB (familiäre Verjährungshemmung) keine Gefahr. Es gilt jedoch immer, den sichersten Weg im Auge zu behalten. Dieser besteht darin, die 3-Jahresfrist ab Rechtskra...