Einführung
Die §§ 485 ff. ZPO spielen im familienrechtlichen Verfahren bislang fast keine Rolle. Die praktische Relevanz für das Güterrecht ist aber auf Grund der Entscheidung des OLG Koblenz, Beschl. v. 17.10.2008 – 7 WF 867/08 – (siehe in diesem Heft S. 216 f.) nicht hoch genug einzuschätzen.
I. Einleitung
Geniale Verfahrensweisen zeichnen sich immer wieder durch dieselben Eigenschaften aus: Einerseits sind sie denkbar einfach und eigentlich selbstverständlich. Andererseits werden sie nicht erkannt oder jedenfalls nicht in die Praxis umgesetzt. Einen solchen taktisch klugen Schachzug hat der Antragsteller im Rahmen des Verfahrens vor dem OLG Koblenz gewählt. Auf seine Beschwerde hin wurde mit überzeugender Begründung das selbständige Beweisverfahren für zulässig gehalten. Die große Relevanz dieses Beschlusses für die familienrechtliche Praxis soll anhand eines Beispielfalles deutlich gemacht werden:
Beispielsfall:
In der außergerichtlichen Korrespondenz ist Herr Frank auf Auskunft in Anspruch genommen worden. Diese hat er erteilt. Neben diversen Konten hat er für die letzten 5 Jahre die Bilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen seiner Firma vorgelegt. Des Weiteren hat er verschiedene Immobilien angegeben. Frau Frank ist sich nicht sicher, wie die Werte der Firma und der Grundstücke anzusetzen sind. Sie selber verfügt über keinen Zugewinn. Anfangsvermögen besteht auf beiden Seiten nicht. Was soll sie tun?
II. Ermittlung des Verkehrswertes im konventionellen Weg
Schwierig zu bearbeiten sind güterrechtliche Fälle, bei denen die einzelnen Positionen der Vermögensbilanz nicht numerisch erfasst werden können. Hier muss vielmehr erst eine Bewertung durchgeführt werden. Dies gilt vor allen Dingen bei Firmenbewertungen und Grundstücken. Für den Familienrechtler stellt sich die Frage, ob überhaupt und wenn ja, wie der Vermögenswert ermittelt werden soll. Zwei Vorgehensweisen sind in der Praxis gängig.
1. Möglichkeit 1: Schätzung des Wertes
Die Positionen werden nicht exakt ermittelt, sondern nur geschätzt. Diese Schätzungen werden durch Sachverständigengutachten zu Beweis gestellt. Einen richtigen Wert wird man bei diesen Verfahren natürlich nie finden. Diese Vorgehensweise birgt Tücken in sich, sofern die Schätzung zu gering oder zu hoch ausfällt.
Will der Mandant auf "Nummer sicher gehen" kann von Minimalwerten ausgegangen werden, die selbst bei pessimistischer Einschätzung der Situation auf jeden Fall erreicht werden müssten. Die Klage muss als Teilklage deklariert werden. Zwar gibt es nach herrschender Ansicht auch verdeckte Teilklagen im Güterrecht. Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, dass der gesamte Anspruch Gegenstand des Verfahrens sei. Aus dem Gesichtspunkt des sichersten Weges muss jedenfalls ein Vorbehalt gemacht werden. Ist das Scheidungsverfahren abgeschlossen, muss unbedingt die 3-jährige Verjährungsfrist des § 1378 Abs. 4 BGB im Auge behalten werden. Gerade bei umfangreichen Zugewinnausgleichsverfahren mit einer schwierigen Begutachtung und mehreren Positionen kann sehr schnell die 3-Jahresfrist erreicht werden. Vor deren Ablauf muss anhand der dann vorliegenden Gutachten überprüft werden, ob die Forderung anzupassen ist. Entweder muss dann eine Klageerhöhung vorgenommen werden. Alternativ sollte versucht werden, eine Vereinbarung zur Verjährungsverlängerung zu treffen. Diese ist nach der jetzigen Rechtslage möglich (§ 205 BGB).
Sofern der Wert zu optimistisch angegeben, also ein maximal vorstellbarer Wert eingeklagt wird, besteht die Gefahr, dass eine negative Kostenentscheidung erfolgt. Wird der Anspruch im Scheidungsverfahren geltend gemacht, ist das Risiko mit Prozesskosten belastet zu werden, in der Regel zwar nicht sehr hoch. Solange über den Scheidungsantrag im Verbund noch nicht entschieden ist, kann das Problem der Verjährung nicht eintreten. Es gilt die familiäre Hemmung des § 207 BGB. Falls der Zugewinn jedoch aus dem Scheidungsverfahren abgetrennt ist, muss wiederum die 3-jährige Verjährungsfrist beachtet werden. Selbst dann, wenn güterrechtliche Ansprüche abgewiesen werden, machen im Zweifel die Gerichte keine Ausnahme von der Kostenaufhebung gem. § 93a ZPO. Nach neuer Rechtslage (§ 150 Abs. 4 FamFG) wird dies aber u.U. anders zu beurteilen sein. Problematisch wird die Situation ferner, falls der Zugewinn in separater Klage außerhalb des Verbundes (nach Abschluss des Scheidungsverfahrens) eingeklagt wird. Auch beim vorzeitigen Zugewinnausgleich kann das Problem auftreten. Hier gilt jedenfalls die strenge Kostenregelung des § 91 ZPO.
2. Möglichkeit 2: Privatgutachten
Insbesondere bei Firmenbewertungen bewegt der Rechtsvertreter sich auf sehr unsicherem Terrain. Aus diesem Grunde werden daher häufig Parteigutachten eingeholt. Diese geben zumindest einen Anhaltspunkt für die anzusetzenden Werte im Rahmen der Berechnung. Voraussetzung vor allen Dingen für die Firmenbewertung ist jedoch, dass geeignete Grundlagen insbesondere Bilanzen sowie Gewinn- und Ve...