BGB § 1615 l
Die Inanspruchnahme der Mutter eines über vierjährigen Kindes durch ein vor der Geburt des Kindes begonnenes Studium lässt es trotz möglicher Fremdbetreuung des Kindes von 8:30 bis 17:30 Uhr nicht zu, dass sie über den am Wochenende zusätzlich ausgeübten Minijob hinaus einer weiteren Erwerbstätigkeit nachgeht.
(Leitsatz der Redaktion)
OLG Nürnberg, Urt. v. 13.8.2009 – 10 UF 360/09 (AG Regensburg)
Gründe: I.
Die Parteien streiten um einen Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB. Die Parteien sind die Eltern des am … geborenen Kindes. Der Junge lebt bei der Klägerin und wird von ihr betreut und versorgt. Von Montag bis Freitag besucht er in der Zeit von 8.30 Uhr bis 16.00 Uhr eine Kindertagesstätte.
Die Klägerin ist Studentin. Sie hat zunächst zwei Semester Betriebswirtschaftslehre studiert. Anschließend hat sie fünf Semester ein Magisterstudium in den Fächern Spanisch und Englisch absolviert, bevor sie im Jahr 2004 in das Studienfach Lehramt für Realschule (Fächer: Deutsch und Englisch) gewechselt ist. Wegen der Betreuung des Sohnes hat sie sich sodann für vier Semester beurlauben lassen. Nunmehr befindet sie sich im 6. Fachsemester Lehramt. Den Abschluss des Studiums hat sie für Juli 2010 ins Auge gefasst.
Seit Juni 2008 übt die Klägerin neben ihrem Studium an den Wochenenden eine Geringverdienertätigkeit aus. Sie verdient dabei monatlich zwischen 369 EUR und 396 EUR.
Der Beklagte zahlt für den Sohn Kindesunterhalt von monatlich 258 EUR. Darüber hinaus hat er auf Grund einer im August 2006 geschlossenen Vereinbarung der Parteien für den Zeitraum vom 1.4.2006 bis zum 6.12.2007 Unterhaltsleistungen an die Klägerin, zuletzt laufend in Höhe von monatlich 570 EUR, erbracht.
Dem Begehren der Klägerin auf Zahlung weiteren Unterhalts für die Zeit ab August 2008 ist der Beklagte entgegen getreten, woraufhin die Klägerin Unterhalt in Höhe von monatlich 770 EUR ab August 2008 eingeklagt hat.
Mit Endurteil vom 27.2.2009 hat das AG – Familiengericht – Regensburg unter Klageabweisung im Übrigen den Beklagten verurteilt, an die Klägerin monatlichen Unterhalt nach § 1615 l Abs. 2 S. 4 und 5 BGB in Höhe von 428 EUR ab 1.8.2008 zu zahlen. Dabei hat es auf den mit 770 EUR angesetzten Bedarf der Klägerin deren um die Erwerbspauschale und den Erwerbstätigenbonus gekürztes (fiktives) Einkommen angerechnet. Auf Tatbestand und Gründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt.
Der Beklagte hält einen Unterhaltsanspruch nach § 1615 l Abs. 2 BGB für nicht gegeben. Nicht die Betreuung des Kindes, sondern das Studium der Klägerin sei die Ursache für deren Nichterwerbstätigkeit. Der vom AG zugesprochene Unterhalt stelle sich de facto als vom Beklagten nicht geschuldeter Ausbildungsunterhalt dar, wobei sich die Studienzeit auf Grund des Studienfachwechsels der Klägerin verlängert habe. Auch könne nicht richtig sein, dass der Beklagte vorrangig haften solle, wohingegen bei der Berechnung des BAföG-Anspruches der Klägerin von einer Unterhaltsverpflichtung der Eltern ausgegangen werde.
Zudem lägen weder kindes- noch elternbezogene Belange vor, die eine Verlängerung der Unterhaltsverpflichtung über 3 Jahre nach der Geburt des Kindes hinaus rechtfertigen würden. Zum einen sei eine Ganztagesbetreuung des Kindes gewährleistet; zum anderen sei auch kein eine Unterhaltspflicht begründender Vertrauenstatbestand geschaffen worden, insbesondere habe es keine gemeinsame Lebensplanung der Parteien gegeben.
Auch dürfe nicht von einem Mindestbedarf von 770 EUR ausgegangen werden; maximal sei der nach der Düsseldorfer Tabelle von Eltern an Studenten zu zahlende Regelunterhaltsbetrag von 640 EUR anzusetzen. Von diesem Betrag seien neben dem – nur um die Erwerbspauschale zu kürzenden – (fiktiven) Eigeneinkommen die von der Klägerin erst in der zweiten Instanz mitgeteilten BAföG-Leistungen – auch die darlehensweise gewährten – bedarfsmindernd abzuziehen.
Darüber hinaus will der Beklagte der am 6.12.2007 ausgelaufenen Vereinbarung abschließenden Charakter beimessen. Ferner beruft er sich unter Hinweis auf das Verschweigen unterhaltsrechtlich relevanter Tatsachen (bezüglich Nebentätigkeit und BAföG-Bezug) durch die Klägerin auf Verwirkung.
Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels des Beklagten und verfolgt im Wege der Anschlussberufung ihr erstinstanzliches Ziel weiter.
Die Klägerin meint, ihr stehe ein Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten dem Grunde nach und in der von ihr beantragten Höhe zu. Neben dem Vollzeitstudium und der Kinderbetreuung bestehe für sie keine Erwerbsobliegenheit, auch nicht im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung. Die derzeit ausgeübte Tätigkeit müsse sie in der Examensvorbereitungsphase aufgeben. Ihr könne auch nicht angesonnen werden, ihr Studium zugunsten einer Erwerbstätigkeit aufzugeben. Sie habe ihr Studium bislang zielstrebig verfolgt; der Wechsel vom Magister- zum Lehramtsstudium sei sachlich begründet ge...