Nachstehend wird die aktuelle Rechtsprechung der Instanzgerichte dargestellt. Aus dem Jahre 2008 nachzutragen sind einige Entscheidungen, die erst 2009 veröffentlicht worden sind und deshalb im Voraufsatz noch nicht berücksichtigt werden konnten. Die Entscheidungen sind wiederum durchlaufend nummeriert und mit einem Stichwort versehen.
(1) Das OLG Köln ("9+11") hatte sich mit dem Umfang der Erwerbsobliegenheit einer Ehefrau zu befassen, die zwei Kinder im Alter von 9 und 11 Jahren betreute. Das AG hatte den Ehemann zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt von 177,00 EUR ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt. Das OLG führt aus, dass die Neuregelung des Unterhaltsrechts nicht dazu führe, dass sofort eine Verpflichtung zu einer vollschichtigen Tätigkeit einsetze, selbst wenn entsprechende Möglichkeiten der Kindesbetreuung vorhanden seien; vielmehr sei ein stufenweiser Übergang anzunehmen. Mit ihrer 2/3-Stelle als Schwimmmeisterhelferin erfülle die Kindesmutter ihre Erwerbsobliegenheit in ausreichendem Umfang. Neben den rein schulischen Hilfen durch die Mutter der 9 und 11 Jahre alten Kinder kämen weitere Aufgaben durch das Engagement der Kinder in sportlicher und musikalischer Hinsicht und mit Rücksicht auf ihren Freundeskreis hinzu. Auch der Ehemann habe eingeräumt, dass diese Aktivitäten bereits während der Ehe vorhanden und angelegt gewesen seien und er sie ausdrücklich wünsche und fördere. Allein die dabei geforderte zeitliche physische und psychische Beanspruchung der Kindesmutter lasse eine weitergehende Erwerbstätigkeit als tatsächlich ausgeübt nicht zu, zumal sie im Schichtdienst und teilweise auch am Wochenende arbeiten müsse. Deshalb sei es für sie erforderlich, an den arbeitsfreien Nachmittagen der Frühschicht und dem arbeitsfreien Wochenende die Betreuung und Fürsorge der beiden Kinder zu intensivieren, um den Ausfall an den anderen Tagen und dem Wochenende wegen ihrer Arbeitstätigkeit zu kompensieren.
(2) Das OLG Celle ("GdB 60 %") hatte einen Fall zu entscheiden, in dem ein gemeinsames 11jähriges Kind betreut wurde. Die Ehe der Parteien hatte über 16 Jahre gedauert. Die – vom Kindesvater geforderte – Verpflichtung der Kindesmutter zu einer Tätigkeit von 40 Std./Woche lehnte das Gericht ab. Die Gesetzesreform habe nichts an der Lebenswirklichkeit des altersabhängigen Betreuungsbedarfs und an den daraus abgeleiteten Erfahrungsgrundsätzen geändert; in einem modifizierten Altersphasenmodell liege kein Widerspruch zur Entscheidung des BGH vom 16.7.2008. Vorliegend indiziere das Alter des Kindes von 11 Jahren, dass ein noch erheblicher Betreuungsaufwand vorliege. Eine "Pauschalbeurteilung anhand des Kindesalters" stehe einer uneingeschränkten Erwerbsobliegenheit der Kindesmutter auch nach neuem Recht entgegen. Die vom AG vorgenommene Zurechnung eines fiktiven Erwerbseinkommens aus lediglich halbschichtiger Erwerbstätigkeit beeinträchtige jedenfalls den Ehemann nicht unangemessen. Den erfahrungsgeprägten Anschein der – altersentsprechend noch erheblichen – Betreuungsbedürftigkeit des Kindes habe der Ehemann nicht erschüttert. Außerdem sei die Ehe der Parteien mit über 16 Jahren nicht kurz gewesen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Kindesmutter während des laufenden Verfahrens schwer an Krebs erkrankt sei und ihr im Jahre 2008 eine Niere operativ habe entfernt werden müssen, worauf der Grad ihrer Erwerbsminderung mit 60 % festgestellt worden sei.
(3) In der Entscheidung des OLG Hamm ("Straffälligkeit") ging es um nachehelichen Betreuungsunterhalt. Der geschiedene Ehemann begehrte eine Abänderung eines früheren Unterhaltsvergleichs mit dem Ziel, ab Februar 2007 nicht mehr zahlen zu müssen. Er berief sich auf das Alter des gemeinsamen Sohnes und leitete daraus die Verpflichtung der Kindesmutter zu einer vollschichtigen Tätigkeit her. Vom AG wurde der Klage stattgegeben; die Berufung der Kindesmutter hatte Erfolg. Abgesehen davon, dass der Ehemann keinerlei Ausführungen zu den Grundlagen des geschlossenen Vergleichs und zur jetzigen Situation gemacht habe, sei eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse nicht gegeben, weil die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs jedenfalls bis zu dem allein streitigen Endzeitpunkt (September 2008) der Billigkeit entspreche. Die Kindesmutter habe substantiiert dargelegt, dass der gemeinsame Sohn offensichtlich seit Mitte 2006 in erheblichem Umfang auffällig geworden sei; er habe in der Schule unstreitig eine Vielzahl von Fehlstunden gehabt und sei auch strafrechtlich auffällig geworden. Deshalb habe er den Hauptschulabschluss an der Gesamtschule nicht erreicht und bereits Sozialstunden ableisten müssen. Dazu wird vom OLG festgestellt, dass es aus erzieherischen Gesichtspunkten in diesem konkreten Einzelfall kontraproduktiv gewesen sein würde, wenn der Sohn nach Schulschluss mit seinem Problem zunächst allein gelassen worden wäre, wie es bei einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit der Kindesmutter notwendigerweise der Fall gewesen sei. Da der S...