In dieser Entscheidung hat der BGH jetzt unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung ausdrücklich einen Mindestbedarf anerkannt.
Ein Wechsel der Rechtsprechung kündigte sich bereits in dem Urteil des BGH vom 16.7.2008 – XII ZR 109/05 an; die Frage wurde aber in dieser Entscheidung noch offen gelassen. In seiner Entscheidung vom 14.10.2009 – XII ZR 146/08 führte der BGH dann zu § 1578b BGB aus, aus dem Begriff der Angemessenheit folge zugleich, dass es sich grundsätzlich um einen Bedarf handeln muss, der das Existenzminimum wenigstens erreicht.
Der BGH erläutert noch einmal, dass der Unterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB dem Berechtigten – wie auch der nacheheliche Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB – eine aus kind- und elternbezogenen Gründen notwendige persönliche Betreuung und Erziehung des gemeinsamen Kindes in den ersten Lebensjahren ermöglichen solle. Ein Unterhaltsbedarf unterhalb des Existenzminimums würde die im Einzelfall notwendige persönliche Betreuung nicht sicherstellen.
Damit beschränkt sich diese Rechtsprechung nicht auf den Bereich des § 1615l BGB, sondern gilt auch im Bereich des Betreuungsunterhaltes des geschiedenen Ehegatten nach § 1570 BGB, denn diese Ansprüche sind aus verfassungsrechtlichen Gründen gleich zu behandeln.
2. Höhe des Mindestbedarfes
Der Unterhaltsbedarf wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes bemisst sich jedenfalls nach einem Mindestbedarf in Höhe des Existenzminimums, der unterhaltsrechtlich mit dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (zurzeit 770 EUR) pauschaliert werden darf.
Einen höheren Mindestbedarf der Unterhaltsberechtigten etwa in Höhe des angemessenen Bedarfs von zurzeit 1.000 EUR monatlich lehnt der BGH ausdrücklich ab. Ein über den notwendigen Selbstbehalt hinausgehender Selbstbehalt des Erwerbstätigen (900 EUR) schließt einen Erwerbsanreiz ein, der auf Seiten des Unterhaltspflichtigen seine Berechtigung hat, aber nicht in gleicher Weise auf den Unterhaltsberechtigten übertragen werden kann.
3. Bedarf der nichtehelichen Mutter
Der BGH lehnt es weiterhin ab, den Bedarf der nichtehelichen Mutter aus der faktischen Lebensstellung während der Zeit eines eheähnlichen Zusammenlebens der Partner abzuleiten, da diese rein faktische Situation keine rechtlich gesicherte Lebensstellung i.S.d. §§ 1615l Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, 1610 Abs. 1 BGB begründen kann. In der Literatur wird dagegen darauf verwiesen, dass durch eine über viele Jahre andauernde nichteheliche Lebensgemeinschaft bei besonders günstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des anderen Partners faktisch ein entsprechend hoher Lebensstandard begründet worden ist. Wenn allerdings die Partner dieser faktischen Gemeinschaft bewusst den rechtlichen Rahmen der Ehe mit ihren gesetzlich definierten Schutzfunktionen nicht wählen, verzichten sie auch bewusst und in Kenntnis der Folgen darauf, eine solche – dann gesicherte – Rechtsposition zur Grundlage ihrer späteren Unterhaltsansprüche zu machen.
4. Andere Unterhaltstatbestände
Der BGH entscheidet einen Fall zum Unterhaltsbedarf der betreuenden Mutter gem. § 1615 Abs. 3 Satz 2 BGB. Allerdings führt er aus, die Gründe, die beim Betreuungsunterhalt für einen am Existenzminimum orientierten Mindestbedarf sprächen, seien auch in gleicher Weise für den gesamten Ehegattenunterhalt gültig. Dies erscheint nicht unproblematisch. Während man bei Ansprüchen auf nachehelichen Unterhalt, bei denen die Kindesbetreuung eine Rolle spielt, insbesondere auf den Schutz des Kindes durch einen gesicherten Unterhalt für die Mutter verweisen kann, greift dieses Argument bei den anderen Unterhaltstatbeständen nicht. Der Bedarf wird von den konkreten ehelichen Lebensverhältnissen der Eheleute bestimmt. An der Anknüpfung an diese individuellen Umstände hat auch die – umstrittene – Rechtsprechung des BGH von den wandelbaren oder fortgeschriebenen ehelichen Lebensverhältnissen nichts geändert. Ein von den ehelichen Lebensverhältnissen losgelöster Mindestbedarf wurde bislang abg...