Der Beschluss des OLG Frankfurt vom 18.1.2018 (Az. 147418) dürfte daher zunächst überraschen. Das Familiengericht hat die Beschwerde gem. §§ 58 ff. FamFG des Vaters, welche die hilfsweise Anordnung des Wechselmodells umfasste, nicht an das erstinstanzliche Gericht zurückgewiesen. Diese Entscheidung erscheint jedoch anfänglich zweifelhalt, da die Kinder übereinstimmend und mehrfach den Willen äußerten, beim Vater zu wohnen.
aa) Autonomer Wille des Kindes
Der Kindeswille stellt einen maßgeblichen Bezugspunkt für die Beurteilung des Kindeswohls dar. Bei mehreren Anhörungen erklärten die Kinder des Klägers, sie wollten im Haushalt des Vaters wohnen. Im Grundsatz stellt diese Wiederholung der Auffassung des Kindes in unterschiedlichen Situationen über eine erhebliche Zeitspanne einen Anhaltspunkt für einen beachtlichen Willen dar. Auch das geringe Alter der Kinder (9 bzw. 10 Jahre) schloss die Beachtung des Kindswillens nicht von vornherein aus, da die Prüfung der Beachtlichkeit des Kindeswillens im Einzelfall unter Berücksichtigung der Reife und des Entwicklungsverständnisses vorzunehmen ist. Jedoch mindert sich die Beachtlichkeit wesentlich, wenn der Kindeswille von äußeren Umständen beeinträchtigt wird. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt wurde durch den Sachverständigen nachvollziehbar dargelegt, dass keine autonome Willensbildung vorlag. Die Kinder nannten lediglich die Vorzüge des Wohnens des Vaters. Zudem lag seitens des Vaters eine erhebliche Beeinflussung vor. Das OLG Frankfurt hat dabei zutreffend dargestellt, dass der Kindeswille durch die "Instrumentalisierung" des Vaters als Grundlage für die Bestimmung des Kindeswohls nicht geeignet ist. Eine Berücksichtigung des Willens des Kindes muss jedoch – wenn auch abgeschwächt – auch dann stattfinden, wenn seitens eines Elternteils eine starke Beeinflussung des Kindes vorliegt.
bb) Erhöhte Anforderungen des § 1696 Abs. 1 BGB
Im konkreten Fall war ursprünglich das Residenzmodell, wonach die Kinder ihren Aufenthaltsort bei der Mutter hatten, als Betreuungsmodell angeordnet worden. Gem. § 1696 Abs. 1 BGB ist eine Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht oder ein gerichtlich gebilligter Vergleich zu ändern, wenn dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist. Das Familiengericht hat hier zutreffend erkannt, dass trotz des Willens der Kinder kein triftiger, das Kindeswohl berührender Grund vorlag. Dies ist grundsätzlich dem strengen Prüfungsmaßstab des § 1696 Abs.1 BGB geschuldet. Jede Abänderung muss demnach gemessen am konkreten Bedürfnis des Kindes – im Rahmen der positiven Kindeswohlprüfung – dazu führen, dass deutlich überwiegende Nachteile des Kindes verhindert werden. Diese Voraussetzungen lagen jedoch nicht vor. Das OLG Frankfurt hat jedoch mit der Anordnung des erweiterten Umgangs eine kindeswohlgerechte Regelung des Aufenthaltes geschaffen.