Im Beschluss des BGH vom 1.2.2017 – XII ZB 601/15[1] wurde das Wechselmodell entgegen dem Willen eines Beteiligten als Aufenthaltsmodell bestimmt. Das OLG Frankfurt[2] hat zudem das Wechselmodell entgegen dem Willen der Kinder des Klägers nicht angeordnet. Dies wirft die Frage auf, ob der Wille der Beteiligten am Rechtstreit als ein maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Betreuungsmodells dient und ob das Wechselmodell – trotz fehlender gesetzlicher Regelung – als durchaus praxisrelevantes "Regelmodell" neben das Residenzmodell tritt. Das Wechselmodell umfasst dabei – bei bestehender gemeinsamer Sorge – eine gleichrangige Betreuung des Kindes durch die Eltern.[3] Beim Residenzmodell hält sich das Kind dahingegen überwiegend bei einem Elternteil auf. Das Kind begibt sich in gewissen Abständen auch in die Wohnung des anderen Elternteils.[4] Die Frage nach der Bestimmung des "richtigen" Aufenthaltsmodells wird unter Betrachtung der steigenden Zahl der Alleinerziehenden in Deutschland zwischen 1996 und 2014 von 2,3 auf 2,7 Millionen[5] für viele Eltern relevant. Die überwiegende Betreuung des Trennungskindes durch einen Elternteil ist in zwei Drittel der Fälle vorzufinden.[6] Durch die stetige Abkehr vom Konstrukt der "Hausfrauen-Ehe" steigt auch zudem der Wunsch der Trennungseltern, trotz der Betreuung des Kindes berufstätig zu sein. Dem entsprechend sind gemeinsam betreuende Trennungseltern signifikant häufiger berufstätig.[7] Infolgedessen stellt sich die Frage, inwieweit die Eigeninteressen der getrenntlebenden Eltern Einfluss auf die Anordnung des Wechselmodells haben. Gegenstand dieses Beitrages ist zunächst die Ermittlung des Wertes des Willens der am Verfahren beteiligten Personen bezüglich der Bestimmung des Aufenthaltsmodells in der vorausgegangenen und aktuellen Judikatur. Daraufhin folgt eine Betrachtung der Notwendigkeit der Schaffung von konkreten Regelungen für das Wechselmodell durch den Gesetzgeber.

[1] Keuter, FF 2017, 152; Coester, FF 2017, Stellungnahme GFDT zum Wechselmodell.
[3] MüKo-BGB/Hennemann, 2017, § 1671 Rn 23.
[4] BeckOK-BGB/Veit, 2018, § 1687 BGB, Rn 7.
[5] Institut für Demoskopie Allensbach, Getrennt gemeinsam erziehen, 2017, S. 3.
[6] Institut für Demoskopie Allensbach, Getrennt gemeinsam erziehen, 2017, S. 11.
[7] Institut für Demoskopie Allensbach, Getrennt gemeinsam erziehen, 2017, S. 36.

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