Interview mit Margarete Gräfin von Schwerin, Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln
(v.l.n.r.) VRinOLG Gabriele Ey, RA Klaus Schnitzler, PräsOLG Margarete Gräfin von Schwerin
Schnitzler/FF: Die Bundesregierung hat sich aufgrund des Koalitionsvertrages zwischen den beiden Unionsparteien und der SPD vom Februar 2018, der am 12.3.2018 unterschrieben worden ist, ein Programm gegeben bezogen auf den handlungsfähigen und starken Staat für eine freie Gesellschaft. Hierin heißt es unter dem Begriff "Pakt für den Rechtsstaat": "Wir werden den Rechtsstaat handlungsfähig erhalten. Dies stärkt auch das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie. Wir werden einen Pakt für den Rechtsstaat auf Ebene der Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern schließen. Bestandteil dieses Paktes sind 2.000 neue Richterstellen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entsprechendes Folgepersonal."
Bezogen auf den Bund hat inzwischen offenbar der Haushaltsausschuss des Bundestages überraschend Gelder freigegeben für einen neuen Zivilsenat und einen neuen Strafsenat beim BGH. Nach unseren Informationen ist der BGH davon überrascht worden und müsste diese Senate dann ja auch mit entsprechenden Zuständigkeitsregeln neu ausstatten. Ist Ihnen hierzu Näheres bekannt?
Gräfin von Schwerin: Die exakten Belastungszahlen des Bundesgerichtshofs sind mir aktuell nicht bekannt und auch nicht die genauen Hintergründe, die jetzt zu der wohl beschlossenen Verstärkung geführt haben. Bekannt ist in der Justiz allerdings in der Tat eine sehr stark zugenommene Belastung des Bundesgerichtshofs. Man hat dort meines Wissens sowohl in Zivil- wie in Strafsachen ausgesprochen viel zu tun und ich denke, es ist in unser aller Interesse, dass unser höchstes Gericht so gut ausgestattet ist, dass es die Entscheidungen, die wir ja alle dringend benötigen und wegweisend erwarten, zügig treffen und die Verfahren qualitativ hochwertig erledigen kann. Von daher meine ich, ist es für uns alle wichtig und richtig, dass der Bundesgerichtshof gut und wohl auch noch besser als im Moment ausgestattet wird.
Schnitzler/FF: Der Landesjustizminister – mit der neuen Koalition aus CDU und FDP und einem neuen Justizminister (Biesenbach) – hat auf Landesebene ebenfalls angekündigt, entsprechend diesen Überlegungen neue Richterstellen und Stellen bei den Staatsanwaltschaften zu schaffen. Inwieweit ist das beim OLG Bezirk Köln angekommen?
Gräfin von Schwerin: Es ist etwas angekommen. Aus der Haushaltsanmeldung 2018 sind insgesamt 10 Richterstellen dem OLG-Bezirk Köln zugewiesen worden. Daneben haben wir noch zusätzliche Stellen im richterlichen Bereich für den Bereich "elektronische Akte und elektronischer Rechtsverkehr" bekommen, aber jedenfalls 10 Stellen sind auf die rein richterliche Tätigkeit entfallen. Im Haushalt 2019 sind insgesamt 15 neue Richterstellen vorgesehen, allerdings für ganz Nordrhein-Westfalen. Da wird noch zu verhandeln sein, wie viele Stellen davon zum OLG-Bezirk Köln kommen.
Darüber hinaus sind im Wege der nachträglichen Anmeldung vom Haushaltsgesetzgeber für die ordentliche Gerichtsbarkeit 50 weitere Richterstellen geschaffen worden, und zwar vor dem Hintergrund der jüngsten Rechtsprechung des BVerfG zum Richtervorbehalt bei Fixierungen, in deren Folge mit einem ganz erheblichen Mehrbedarf insbesondere im Eil- und Bereitschaftsdienst zu rechnen ist. Da bedeuten die weiteren Stellen eine große Hilfestellung, die wir in dem Bereich dann aber auch dringend benötigen werden.
Schnitzler/FF: Die Familiensenate im OLG Bezirk Köln sind von ursprünglich 8 auf 6 Senate zurückgefahren worden. Aus den zwei Senaten, insbesondere auch dem 4. Familiensenat u.a. für Bonn zuständig sowie Rheinbach, sind die Zuständigkeiten auf andere Senate verteilt worden. Soweit man hört, sind die beiden Senate überwiegend mit Bankensachen befasst. Gibt es hier aufgrund von neuen Eingangszahlen Bestrebungen, die alten Senate wiederherzustellen, oder bleibt es vorerst bei dieser Zuständigkeitsregelung?
Gräfin von Schwerin: Ich musste mich erst einmal kundig machen, wann wir von 8 auf 6 Senate zurückgegangen sind, weil das vor meinem Amtsantritt geschehen ist. Seit 2015 haben wir demnach tatsächlich (nur) noch 6 Familiensenate hier im Hause. Die sind ausgelastet, aber auch nicht überlastet; von daher gibt es auch keine aktuellen Pläne, daran wieder etwas zu ändern, sondern bei der bisherigen Aufteilung kommen wir mit den 6 Familiensenaten gut zurecht. Die beiden Senate, die jetzt andere Dinge machen, bearbeiten in der Tat weiterhin überwiegend oder jedenfalls in großem Umfang Banksachen, die weiterhin zahlenmäßig auf hohem Niveau bei uns eingehen.
Schnitzler/FF: Ein weiteres Thema unseres Gesprächs soll die Qualifizierung der Familienrichterinnen und Familienrichter sein. Die Politik hat inzwischen erkannt, dass es notwendig ist umzusteuern. Nicht nur die neue Bundesjustizministerin Dr. Barley, sondern auch der Deutsche Bundestag hat in seinen Gremien eine Qualifizierungsoffensive zum Gegens...