Deshalb meine These in vorläufiger Formulierung. Ich formuliere sie vorläufig in der das Subjekt verheimlichenden, die Verantwortlichkeiten verschleiernden Verbform des Passiv:

Wenn dafür gesorgt wird, dass Jugendamt, Verfahrensbeistand und Sachverständiger vom Beginn des Verfahrens an ihre vom Gesetzgeber vorgesehenen und vorgegebenen Rollen und Aufgaben

erstens vollständig ausfüllen und
zweitens nicht überschreiten,

ist garantiert, dass der Richter den Fall – für die Betroffenen erkennbar – selbst und aus eigener Überzeugung entscheidet.

Wenn dafür gesorgt werden soll, dass Jugendamt, Verfahrensbeistand und Sachverständiger ihre vom Gesetzgeber vorgesehenen und vorgegebenen Rollen und Aufgaben vollständig ausfüllen und nicht überschreiten, müssen diese spezifischen gesetzliche Aufgaben und Rollen der jeweiligen Akteure herausgearbeitet werden. Wem hat der Gesetzgeber welche Rolle zugeschrieben, welche Beteiligtenrechte eingeräumt, welche Aufgaben zu geschrieben?

Verfahrensgestaltung, der das BVerfG in Kindschaftssachen seit jeher höchste, weil grundrechtssichernde Bedeutung zumisst – Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen[9] und das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, um der Durchsetzung der materiellen Grundrechtspositionen wirkungsvoll zu dienen[10] – bedeutet dann zweierlei:

Erstens ist von Anbeginn eines jeden Kindschaftsverfahrens darauf zu achten, dass jeder Akteur das beisteuert, was seiner Rolle entspricht und nötigenfalls dieser spezifische Beitrag einzufordern.

Diese spezifische gesetzliche Rolle bildet zweitens den Maßstab im Einzelfall, um fachliche Äußerungen des jeweiligen Akteurs einzuschätzen, zu hinterfragen, zu bewerten und zu gewichten.

[9] Vgl. BVerfG, Beschl. v. 5.11.1980 – 1 BvR 349/80, BVerfGE 55, 171, 182 = FamRZ 1981, 124.

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