1. Erneute Beweisaufnahme in zweiter Instanz

Ein Verfahrensfehler, wie er klarer kaum sein kann: Das OLG Frankfurt als Berufungsgericht hatte in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanz ohne erneute Beweisaufnahme dem Verlangen der Klägerin nach Rückgewähr in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geleisteter Zahlungen stattgegeben und sich dabei u.a. auf die Aussage einer erstinstanzlich vernommenen Zeugin gestützt, deren Aussage die Vorinstanz anders gewürdigt hatte. Keine Frage, das OLG hätte die Zeugin, deren Aussage es für entscheidungserheblich hielt, selbst erneut vernehmen müssen. Denn es gilt der im Leitsatz des BGH festgehaltene Grundsatz, wonach das Berufungsgericht zur erneuten Vernehmung eines Zeugen verpflichtet ist, wenn es dessen Glaubwürdigkeit anders beurteilen oder dessen Aussage anders verstehen will als die Vorinstanz. An der Aufhebung der Entscheidung und der Zurückverweisung an das OLG führte danach kein Weg vorbei.

2. Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung?

So wenig an der Beurteilung der verfahrensrechtlichen Situation durch den BGH zu rütteln ist, so sehr irritieren seine Hinweise in materiell-rechtlicher Hinsicht. Der BGH stellt den vom OLG und auch schon vom Landgericht verfolgten bereicherungsrechtlichen Lösungsansatz nicht in Frage. Er hält einen Anspruch der Klägerin auf Rückgewähr der dem Beklagten während der zwischen beiden geführten nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbrachten Geldzuwendungen unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Zweckverfehlung, § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, vorbehaltlich des Ergebnisses der zu wiederholenden Beweisaufnahme für möglich. Er verweist lediglich darauf, dass es bisher an Vortrag und Feststellungen dazu fehle, was der Beklagte i.S. des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erlangt habe. Ein Bereicherungsanspruch wegen Zweckverfehlung könne nämlich nur bestehen, soweit die Leistungen der Klägerin beim Beklagten zu Vermögenswerten geführt hätten, welche die Beendigung der Lebensgemeinschaft überdauern. Das sei hier allenfalls in dem Umfang anzunehmen, wie mit den Geldzuwendungen die Darlehen getilgt oder eine Wertsteigerung bewirkende Renovierungen bezahlt worden seien.

Letzteres ist zweifellos richtig. Obergrenze eines möglichen Anspruchs in einer Fallkonstellation der hier vorliegenden Art, sei er auf Bereicherungsrecht oder sei er auf die alternativ in Betracht kommende Anspruchsgrundlage des § 313 BGB gestützt, ist die mit der Zuwendung beim Empfänger bewirkte und bei Entstehung des Anspruchs auch noch vorhandene[1] Vermögensmehrung.[2] Insofern ist der Hinweis zutreffend, dass von den auf das Konto des Beklagten überwiesenen Geldbeträgen allenfalls der Anteil für einen Rückgewähranspruch zur Debatte steht, der sich wertsteigernd im Vermögen des Beklagten ausgewirkt hat, und das kann zum einen hinsichtlich der Rückführung der Darlehen (Tilgungs-, nicht Zinsleistungen), zum andern hinsichtlich der eine Wertsteigerung bewirkenden Hausrenovierung der Fall sein.

Das Problem ist aber nicht der Hinweis auf die Begrenzung des möglichen Anspruchs der Höhe nach. Das Problem ist der rechtliche Ansatz. Sehr viel näherliegend und auch deutlich sachgerechter als der bereicherungsrechtliche Ansatz erscheint der schon angesprochene Lösungsweg über Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einer gemeinschaftsbezogenen Zuwendung. Dieser Ansatz steht in der Rechtsprechung des BGH in der ganz ähnlich gelagerten Fallkonstellation einer ehebezogenen Zuwendung unter miteinander verheirateten Partnern im Vordergrund.[3] Es gibt keinen Grund, diesen Ansatz bei einer entsprechenden Vermögenszuwendung unter Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu vernachlässigen. Im Gegenteil: Eine saubere Lösung muss beide möglichen Ansatzpunkte in Betracht ziehen und sie verlangt eine Abgrenzung.

Wann ist die Lösung über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, wann ist die über § 313 BGB der richtige Weg? Für den bereicherungsrechtlichen Ansatz bedarf es einer Zweckvereinbarung, einer Abrede über einen Zweck der Leistung, der dann verfehlt worden ist.[4] Eine Zweckvereinbarung ist etwas anderes, und es ist mehr als eine bloße Geschäftsgrundlage, nach der bei § 313 BGB gefragt wird. Eine Zweckvereinbarung erfordert eine beiderseitige Willensübereinstimmung, die rechtsgeschäftlich verankert ist.[5] Demgegenüber kann Geschäftsgrundlage eine einseitige, aber für die andere Seite erkennbare Erwartung werden.

In den fraglichen Fällen geht es um die Einordnung der Erwartung, die eheliche oder die nichteheliche Lebensgemeinschaft werde auf Dauer Bestand haben und der Zuwendende werde daher auf Dauer selbst am Zugewendeten partizipieren, z.B. die dem anderen gehörende, aber mitfinanzierte Immobilie mit nutzen können. Ist diese Erwartung Gegenstand einer Zweckvereinbarung geworden, ist der Weg über § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zu beschreiten, war sie lediglich Geschäftsgrundlage, ist § 313 BGB der richtige Ansatz. Bei Ehegatten kann in aller Regel nicht festgestellt werden, dass sie eine auf das dauerh...

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