In der EU kann grob zwischen drei Staatengruppen unterschieden werden: Neben Deutschland halten z.B. auch Österreich, Polen und Belgien am Scheidungsmonopol der Gerichte fest. In einer zweiten Staatengruppe, zu der vor allem einige nordeuropäische Staaten zählen, liegt die Zuständigkeit für Ehescheidungen zwar bei einer Verwaltungsbehörde, etwa den Standesämtern. Die Ehe endet aber auch hier erst nach Prüfung der inhaltlichen Scheidungsvoraussetzungen durch den Ausspruch der Behörde. Hier wie dort bedarf es also der letztverbindlichen Gestaltungsentscheidung einer staatlichen Stelle,[8] weshalb die EuEheVO unter den Begriff "Gericht" schon immer auch Behörden fasst.[9] Seit wenigen Jahren gibt es in Europa allerdings eine dritte Staatengruppe, die den Eheleuten eine Scheidung im Wege des Vertrags erlaubt, der allerdings stets eines zumindest formalen behördlichen oder notariellen Mitwirkungsakts bedarf. Eine reine Privatscheidung kennt kein EU-Staat.[10]

[8] Überblick bei Mayer, Scheidung ohne Gericht – Europäische Entwicklungen, StAZ 2018, 106, 107; NK-BGB/Gruber, Art. 1 Rom III-VO Rn 60.
[9] Art. 1 Abs. 2 S. 2 Brüssel II-VO, Art. 2 Nr. 1 Brüssel IIa-VO, Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 Brüssel IIb-VO.
[10] Näher zu den neuen Vertragsscheidungsformen in der EU Antomo, Der Umgang mit Privatscheidungen aus EU-Mitgliedstaaten – vor und nach der Reform der Brüssel IIa-VO, in: Budzikiewicz/Heiderhoff/Klinkhammer/Niethammer-Jürgens (Hrsg.), Neue Impulse im europäischen Familienkollisionsrecht, 2021, S. 81, 85 ff.

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