In Bezug auf Auslandsscheidungen ist die Abgrenzung vor allem für den Modus der Anerkennung entscheidend. Denn nach der bisherigen Dogmatik des deutschen wie europäischen Rechts muss es sich um eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung, also um eine Verfahrensscheidung handeln, damit die verfahrensrechtlichen Anerkennungsregeln der Art. 21 ff. Brüssel IIa-VO oder des § 109 FamFG anwendbar sind. Im Gegensatz dazu werden ausländische Privatscheidungen einer vollumfänglichen materiellen Wirksamkeitskontrolle unterzogen, die auch als "kollisionsrechtliche Anerkennung" bezeichnet wird. Das bedeutet, dass über das Kollisionsrecht das jeweilige Scheidungsstatut ermittelt und anschließend geprüft werden muss, ob nach diesem Recht alle Scheidungsvoraussetzungen vorlagen. Diese Zweispurigkeit wird allgemein damit begründet, dass eine Verfahrensscheidung einen gewissen Vertrauensvorschuss genießt, weil sich in diesem Fall anders als bei Privatakten bereits eine staatliche Stelle inhaltlich mit der Scheidung befasst hat.
Ob eine ausländische Scheidung der verfahrens- oder kollisionsrechtlichen Anerkennung unterliegt, entscheidet nicht selten über das Ergebnis der Anerkennung. Denn sowohl der verfahrensrechtliche Anerkennungsmechanismus der Brüssel IIa-VO für Scheidungen aus anderen Mitgliedstaaten als auch der autonome Maßstab des § 109 FamFG für Verfahrensscheidungen aus Drittstaaten sind vergleichsweise großzügig. Die Anerkennung darf nur versagt werden, wenn einer der abschließend in Art. 22 Brüssel IIa-VO bzw. § 109 FamFG aufgezählten Gründe einschlägig ist. Diese Anerkennungsversagungsgründe sind in beiden Rechtsakten eng begrenzt. Der einzig relevante Unterschied besteht darin, dass § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG anders als das europäische Recht (vgl. Art. 24 Brüssel IIa-VO) die Anerkennung auch dann ausschließt, wenn im Scheidungsstaat keine Anerkennungszuständigkeit nach dem Spiegelbildprinzip bestand. Davon abgesehen führt der verfahrensrechtliche Anerkennungsmaßstab des § 109 FamFG aber genau wie derjenige der Brüssel IIa-VO dazu, dass gerichtliche bzw. behördliche Ehescheidungen eine hohe Anerkennungswahrscheinlichkeit genießen. Insbesondere dürfen sie keiner Nachprüfung in der Sache unterzogen werden (Art. 26 Brüssel IIa-VO bzw. § 109 Abs. 5 FamFG). Als inhaltlicher Filter dient allein der ordre public-Vorbehalt (Art. 22 lit. a) Brüssel IIa-VO bzw. § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG).
Dagegen werden ausländische Privatscheidungen vollumfänglich an den Voraussetzungen des materiellen Rechts gemessen. Das hat besonders einschneidende Folgen, wenn die kollisionsrechtliche Prüfung deutsches materielles Scheidungsrecht zur Anwendung beruft. Denn wie gezeigt gehört zum deutschen Scheidungsstatut § 1564 S. 1 BGB, der ungeachtet aller Einzelfallumstände zur Unwirksamkeit der im Ausland vorgenommenen Privatscheidung führt. Damit ist die materielle Wirksamkeitskontrolle wesentlich strenger als die verfahrensrechtliche Anerkennung des europäischen oder nationalen Rechts.
Wird die ausländische Ehescheidung im Inland nicht anerkannt, kann dies weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Folgefragen haben. Denn die Frage der Scheidungsanerkennung stellt sich nicht nur im Falle eines Wiederverheiratungswunsches (§ 1306 BGB), sondern häufig auch als Vorfrage in anderen Verfahren, etwa im Abstammungsrecht (insbesondere wegen der Sperrwirkung einer Vorehe für die Vaterschaftsanerkennung gem. §§ 1594 Abs. 2, 1592 Nr. 1 BGB), im Namens-, Unterhalts- oder Erbrecht sowie im Bereich des Staatsangehörigkeits-, Ausländer- und Aufenthaltsrechts. Deshalb ist es wichtig, die Anerkennung von Privatscheidungen aus Drittstaaten sowie EU-Mitgliedstaaten im Folgenden näher zu betrachten.