1. Obligatorisches Anerkennungsverfahren gem. § 107 Abs. 1 S. 1 FamFG
Die Scheidungsanerkennung zeichnet sich in Deutschland durch eine zuständigkeitsrechtliche Besonderheit aus. Über die Wirksamkeit einer ausländischen Scheidung darf nämlich grundsätzlich nicht jedes Gericht oder jede Behörde inzident entscheiden. Vielmehr regelt § 107 FamFG ein obligatorisches Anerkennungsverfahren.
Gem. § 107 Abs. 1 S. 1 FamFG werden ausländische Ehescheidungen nur anerkannt, wenn die zuständige Landesjustizverwaltung auf Antrag (vgl. Abs. 4 S. 1) eine entsprechende Anerkennungsentscheidung getroffen hat, wobei diese Zuständigkeit auf einen oder mehrere OLG-Präsidenten übertragen werden kann, wovon die meisten Länder Gebrauch gemacht haben. Stellt sich einem Gericht oder einer Behörde in einem anderen Verfahren die Vorfrage, ob eine ausländische Scheidung wirksam ist, muss das Verfahren ausgesetzt und die Entscheidung nach § 107 FamFG abgewartet werden.
Das Anerkennungsverfahren bezweckt Rechtssicherheit. Die häufig schwierig zu beurteilende Anerkennungsfähigkeit von Auslandsscheidungen soll einheitlich mit allgemein-verbindlicher Wirkung (vgl. Abs. 9) durch eine besonders sachkundige Stelle festgestellt werden. Weil diese Erwägung genauso auf Privatscheidungen zutrifft, wird der Begriff der "Entscheidung" in Abs. 1 S. 1 vom BGH weit ausgelegt. Danach ist jede Scheidung erfasst, an der "eine ausländische Behörde entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen in irgendeiner Form, und sei es auch nur registrierend, mitgewirkt hat". Darunter fallen also auch Privatscheidungen unter behördlicher Mitwirkung oder Scheidungen, an denen eine religiöse Instanz beteiligt war, wenn diese – wie die Rabbinatsgerichte bei der get-Scheidung und die Schariagerichte bei der talāq-Scheidung – staatliche Befugnisse wahrnimmt.
2. Ausnahmen
Von diesem Anerkennungsmonopol der Landesjustizverwaltungen oder OLG-Präsidenten gibt es allerdings verschiedene Ausnahmen.
a) Reine Privatscheidungen
Erstens bedarf es nach herrschender Meinung keines Anerkennungsverfahrens bei reinen Privatscheidungen, weil es hier schlicht an einem staatlichen Akt, der Gegenstand der Anerkennung sein könnte, fehlt. Aus diesem Grund hält man überwiegend auch ein freiwilliges Anerkennungsverfahren für unstatthaft, obgleich der Zweck des Anerkennungsverfahrens, eine Entscheidung mit erga-omnes Wirkung durch eine spezialisierte Stelle zu erreichen, bei den seltenen und rechtlich schwer fassbaren reinen Privatscheidungen eigentlich gerade greift. Den Standesämtern bleibt danach bei Zweifeln ausschließlich der Weg der Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG; die Ehegatten können einen Antrag auf gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe nach § 121 Nr. 3 FamFG stellen.
b) Heimatstaatenklausel des § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG
Zweitens enthält § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG eine für die Praxis sehr wichtige Ausnahme. Nach dieser Heimatstaatenklausel bedarf es keines Anerkennungsverfahrens, wenn ein Gericht oder eine Behörde desjenigen Staates entschieden hat, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben. Die Ausnahme greift jedoch wiederum nicht bei Personen, die gem. Art. 12 GFK dem deutschen Recht unterstehen, oder wenn ein Ehegatte neben der fremden auch die deutsche Staatsbürgerschaft besaß, wobei die Einzelheiten hier hoch umstritten sind.
Nachdem die Frage früher umstritten war, hat der BGH Ende 2018 entschieden, dass die Heimatstaatenklausel auch für Privatscheidungen unter behördlicher Mitwirkung gilt. Das bedeutet, dass auch bei Verstoßungs-, get- oder Vertragsscheidung jede mit der Scheidung befasste Stelle inzident über deren Wirksamkeit entscheiden darf, wenn beide Ehegatten die Staatsangehörigkeit des Staates besaßen, in dem die Scheidung durchgeführt wurde. Dies dürfte in der Praxis auf einen großen Teil aller Privatscheidungen zutreffen.
Inhaltlich ist die Entscheidung des BGH durchaus umstritten, denn der Zweck des Anerkennungsverfahrens, eine allgemeinverbindliche und einheitliche Feststellung des Personenstands zu gewährleisten, trifft ja auf die häufig schwierig zu beurteilenden Privatscheidungen erst recht zu. Außerdem richten sich Privatscheidungen inzwischen, wie noch zu sehen sein wird, primär nach dem Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute und nicht nach dem Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit im Zeitpunkt der Scheidung (vgl. Art. 17 Abs. 2 EGBGB i.V.m. Art. 8 lit. a) Rom III-VO). Sog. Heimatstaatenscheidungen genießen also keineswegs eine höhere Richtigkeitsgewähr als andere Privatscheidungen. Vorschläge, die Heimatstaatenklausel für (bestimmte) Privatscheidungen teleologisch zu reduzieren oder abzuschaffen, sind für die Praxis jedoch angesichts der klaren Haltung des BGH zumindest in der Gegenwart kaum relevant.
Besteht Unsicherheit über die Wirksamkeit der Scheidung und wünscht das Paar oder einer der (geschiedenen) Ehegatten eine allgemeinverbindliche Klärung, steht allerdings fest...