Undine Krebs

Die Unfähigkeit eines Paares, schwanger zu werden und ein Kind zu gebären, nimmt zu. Das Problem der Unfruchtbarkeit ist inzwischen weit verbreitet. Laut WHO-Statistiken können mehr als 20 % der Paare keine Kinder zeugen oder gebären. Die Leihmutterschaft ist eine erfolgreiche Methode, solchen Paaren zu helfen.

Durch die zahlreichen Berichte aus der Ukraine über die auf ihre Wunscheltern wartenden Babys ist das Thema für viele wieder in das Bewusstsein gerückt. Was passiert mit den Kindern, wenn sie nicht abgeholt werden können? Werden die schwangeren Mütter möglicherweise an einer Flucht nach Polen gehindert, da die rechtliche Situation sie dort zu deren Mutter macht, die sie für das ausgetragene Kind doch gerade nicht sein wollen?

Bei der Leihmutterschaft handle es sich um ein sehr schwieriges Thema; es gibt hierzu viele polarisierende Meinungen und Streitigkeiten. So stellt sich für viele die Frage, ob es rechtlich möglich ist, zu verhindern, dass Frauen finanziell ausgebeutet werden. Auch wenn die Leihmütter nicht gezwungen werden, sondern "gekauft" sind, ist die Freiwilligkeit für viele Kritiker nur eine Pseudofreiwilligkeit, weil die Leihmütter meistens doch das Geld brauchen. Wenn der finanzielle Druck enorm ist, dann ist ihr Körper oft das einzige Kapital der Frauen in ärmeren Ländern, um ihrer Armut und Not zu entkommen. Von einer selbstbestimmten Entscheidung, sich als Leihmutter zur Verfügung zu stellen, kann dann kaum die Rede sein.

Diese Frauen werden während ihrer Schwangerschaft auch bevormundet und teilweise genau kontrolliert. So soll sichergestellt werden, dass die Schwangerschaft entsprechend den Wünschen der Auftragseltern abläuft. Schließlich verpflichten sich die Frauen vertraglich, das Kind, das sie austragen, nach der Geburt abzugeben und hören meist nie wieder etwas von ihm oder den Eltern, in deren Wunsch und Auftrag sie das Kind ausgetragen und geboren haben.

Auch für das geborene Kind gibt es Probleme: Das ukrainische Recht erlaubt bspw. die Präimplantationsdiagnostik und die dadurch mögliche Auswahl des Geschlechts des Embryos. Dadurch kann der Schutzanspruch des Embryos verletzt werden, wenn die "Bestelleltern" sich bspw. einen Jungen wünschen. Kommt das Kind gesund zur Welt, muss es die Trennung von der Leihmutter, mit der es 9 Monate eng verbunden war, verkraften. Seine Leihmutter wird es voraussichtlich nie kennenlernen. Kommt es krank zur Welt, ergeben sich noch viele andere und schwierige Probleme.

Andererseits ist aber auch zu bedenken, dass fast alle Menschen, die sich für eine Leihmutterschaft entscheiden, davor schon sehr viele Schritte unternommen haben, ein eigenes, also ein leibliches Kind zu bekommen. Die Leihmutterschaft ist die letzte und natürlich auch die teuerste Möglichkeit, die keiner unbedacht wählt. Für viele Paare ist es manchmal die einzige Chance, Eltern zu werden. Wer sich so sehr wünscht, ein Kind zu haben und Eltern zu sein, wird sich vermutlich liebevoll und zugewandt um den Nachwuchs kümmern, auf den man so lange gewartet hat. Auch für eine Leihmutter ist es eine Möglichkeit, ihre materiellen Probleme zu lösen und gleichzeitig auch Menschen zu helfen, die kein leibliches Kind bekommen können. Die Leihmutter wird so auch zur Lebensspenderin.

Autor: Dr. Undine Krebs

Dr. Undine Krebs, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, München

FF 5/2022, S. 177

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