Wie wichtig es ist, bei Schenkungen an das Schwiegerkind – und das gilt auch für Arbeitsleistungen – gleichzeitig eine vorsorgende Vertragsregelung für den Fall des Scheiterns der Ehe des eigenen Kindes und des Schwiegerkindes zu treffen, zeigt die Entscheidung des X. BGH-Senats ("Schenkungssenat") vom 18.6.2019 (X ZR 107/16), die vielfach und kontrovers besprochen worden ist. Eine solch kritische Auseinandersetzung findet sich in der Obergerichtsrechtsprechung nicht, und der XII. BGH-Senat ("Familiensenat") hat noch keine Gelegenheit zur grundsätzlichen Klärung erhalten.
Im Berichtsjahr wurden diesbezüglich je eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg mit Gründen veröffentlicht und ein Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt verkündet und veröffentlicht.
Nach der Rechtsprechung des XII. BGH-Senats, die auch vom X. nicht grundsätzlich infrage gestellt wird, ist zu prüfen, ob und wie sich der Anspruch aus § 313 BGB aufgrund Zeitablaufs wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vermindert, bis er schließlich wegen Reduktion auf 0 EUR ganz entfällt, auch wenn alle anderen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Dieses Problem – das auch bei Ehegattenzuwendungen eine Rolle spielt – wird von allen bei der einzelnen Fallbearbeitung beteiligten Juristen zeitlich immer zuerst bei der anwaltlichen Beratung virulent und ist dort schon aus Haftungsgründen überhaupt nicht zu überschätzen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass es nicht zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt, wenn den Schwiegereltern ein dinglich gesichertes lebenslanges Wohnrecht und ein Widerrufsrecht mit Rückauflassungsvormerkung im Fall der Veräußerung, Belastung oder Vermietung ohne ihre Zustimmung zusteht. In diesem Fall waren die Schwiegereltern nämlich auch im Fall des Scheiterns der Ehe des Kindes mit dem Schwiegerkind hinsichtlich ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Interessen abgesichert, sodass das Festhalten am unveränderten – äquivalent günstigen – Vertrag nicht durch die Trennung unzumutbar wurde, wie es § 313 Abs. 1 BGB voraussetzt. Der Entscheidung kann also im Ergebnis und auch mit dieser Begründung zugestimmt werden. Dennoch lohnt ein Blick auf die weiteren Entscheidungsgründe.
Hier spielt die zitierte Entscheidung des X. BGH-Senats vom 18.6.2019 (X ZR 107/16) eine wichtige Rolle: "Eine Ausgleichspflicht" sei "… davon beeinflusst, inwieweit sich Vorstellungen verwirklicht haben, wobei es bei Immobilien ohne konkrete Anhaltspunkte keine allgemeine Grenze der vorgestellten Nutzungsdauer gibt und eine quotenmäßige Berechnung eines Rückzahlungsbetrags den Anforderungen des § 313 BGB nicht gerecht wird." Hier wird die von Wever entwickelte, vom OLG Frankfurt als "lineare Abschreibung" bezeichnete, an der Lebensdauer der Beschenkten zu messende Methode abgelehnt, ohne sich mit ihr abschließend auseinanderzusetzen. Die "Methode Wever" ist jedoch die einzige mit einerseits einem dogmatisch und denkgesetzlich überzeugenden Ansatz und andererseits der abschließenden, ergänzenden Öffnung für weitere Abwägungstatsachen jeglicher Art. Eine gleichwertig sichere Methode liegt nicht vor (zumal sie sich mit dem WinFam-Programm von Gutdeutsch anhand der hinterlegten Sterbetafel einfach handhaben lässt), und der Bundesgerichtshof konnte bislang lediglich ablehnend zu einer früher anderweitig vertretenen festen zeitlichen Obergrenze Stellung nehmen, die das OLG Frankfurt aber dennoch für maßgeblich hält, weil die Ehe länger als 20 Jahre gedauert habe (Rn 37). Auch der X. BGH-Senat hat letztlich eine feste zeitliche Obergrenze installieren wollen, indem die Unterhaltsrechtsprechung des XII. BGH-Senats zur Verfestigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften zugrunde legte (2-3 Jahre).
Soweit das OLG Frankfurt auf die "Rechtsprechung des X. Zivilsenats" verwiesen hat, handelt es sich nicht nur um dessen einzige Entscheidung zu diesem Thema, sondern ist er nicht mehr dafür zuständig (Änderung der BGH-Geschäftsverteilung alsbald nach Verkündung dieser Entscheidung).
Aus der Scheidungsstatistik folgt entgegen in der Rechtsprechung vertretener Auffassung in tatsächlicher Hinsicht nichts für die Vorstellung der Beteiligten, insbesondere der Schwiegereltern. Diese Annahme verstößt gegen Denkgesetze: ex post betrachtet gibt es immer nur zwei Teilmengen geschlossener Ehen: geschiedene und nicht geschiedene. Mit einer Quote von X% geschiedene Ehen gibt es nicht. Die Vorstellungen schenkender Ehegatten bezieht sich ex ante im Zweifel immer darauf, dass die Ehe hält. Bei der einzig verbleibenden Vorstellung, dass sie nicht hält, würden sie die Schenkung höchstwahrscheinlich nicht vornehmen. Sonst würde sich übrigens auch fragen, weshalb Schwiegereltern Schwiegerkindern überhaupt ihr Vermögen oder Teile davon schenkten, wenn sie wüssten oder auch nur damit rechneten, dass es nach 2–3 Jahren – so nämlich seinerzeit der X. BGH-Senat – unwiederbringlich und bis zur vollen Höhe verloren i...