Veröffentlichte Entscheidungen zum Wechselmodell bleiben häufig. Da sie immer sowohl Fragen des Sorge- als auch des Umgangsrechts betreffen, sollen sie weiterhin gesondert erörtert werden. Zur Erinnerung sei nochmals auf die Entscheidung des BGH vom 19.1.2022 verwiesen, mit der der BGH erklärt hat, dass eine in einem Umgangsrechtsverfahren beschlossene oder mit familiengerichtlicher Genehmigung vereinbarte Regelung des Wechselmodells nur in einem Umgangsverfahren abgeändert werden könne. Offen gelassen hat der BGH die Frage, ob ein auf das Wechselmodell gerichteter Umgangsantrag in bestimmten Fallgestaltungen sorgerechtliche Regelung notwendig machen kann.
Hier knüpfen die folgenden Entscheidungen an. Der 3. Familiensenat des OLG Frankfurt hat sich dafür ausgesprochen, dass ein Wechselmodell nicht durch eine sorgerechtliche Regelung eingerichtet werden kann. Das AG hatte zuvor, da eine Einigung über eine Umgangsregelung (Wechselmodell ja/nein) scheiterte, mit seiner angegriffenen Entscheidung das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Kindesmutter übertragen und die Umgangsanträge des Kindevaters zurückgewiesen. Der Senat hat die amtsgerichtliche Entscheidung aufgehoben, da bereits die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nicht indiziert gewesen sei. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes im mütterlichen Haushalt sei unstreitig gewesen, lediglich über den Umfang des Umgangs sei zu entscheiden gewesen. Ähnlich sah es auch der 6. Familiensenat des OLG Frankfurt. Anders der 1. Familiensenat des OLG Frankfurt, der die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge als notwendig erachtete, weil die Eltern keine Einigkeit darüber zu erzielen vermochten, wo der künftige Lebensmittelpunkt des Kindes belegen sein soll, was sich in unterschiedlichen Betreuungskonzepten (Wechselmodell oder Umgang im Residenzmodell) widerspiegelte.
Eine interessante Entscheidung befasst sich mit den Abänderungsvoraussetzungen von gerichtlichen getroffenen Umgangsregelungen hin zu einem Wechselmodel im Rahmen des § 1696 Abs. 1 BGB. Der 21. Familiensenat des OLG Dresden hatte über eine Beschwerde gegen das durch das AG aufgrund des ausdrücklich erklärten Willens des Kindes eingerichtete Wechselmodell zu entscheiden und wies diese zurück. Der Senat hält zunächst fest, dass die Änderungsschwelle des § 1696 Abs. 1 BGB für Erweiterungen des Umgangs niedriger anzusetzen sei als bei Sorgerechtsentscheidungen. Anpassungen könnten demnach schon geboten sein, wenn dies dem Kindeswohl diene. Für das Erreichen der Änderungsschwelle könne auch ein geänderter Kindeswille genügen. Ein Wechselmodell könne zudem gegen den Willen eines Elternteils auch bei einer erheblichen Störung der elterlichen Kommunikation gerichtlich angeordnet werden kann, wenn das Wechselmodell bereits seit geraumer Zeit (hier: mehr als ein Jahr) tatsächlich gelebt werde, es dem beachtlichen Willen des Kindes entspreche und nachteilige Auswirkungen auf das Kind nicht feststellbar seien.
Für die Praxis ist in diesem Zusammenhang wichtig zu wissen, dass, auch wenn die Auffassung des OLG zum Prüfungsmaßstab des § 1696 Abs. 1 BGB nicht dem gesetzlichen Wortlaut entspricht, diese dennoch für bestimmte Fälle – u.a. bei der Abänderung einer Umgangsregelung – der einhelligen Meinung entspricht.