BGB § 611 § 675 § 280 Abs. 1 § 249 ff.; PartGG § 8 Abs. 2, 4, VersAusglG § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
Leitsatz
1. Stellt das Familiengericht im Versorgungsausgleichsverfahren fest, dass ein im Wege der internen Teilung zu übertragendes Anrecht durch Begründung eines erstrangigen Pfandrechts an Ansprüchen des Versorgungsträgers gegenüber einer Rückdeckungsversicherung zu sichern ist, so stellt dies keinen Titel gegenüber dem Versorgungsträger dar. Der Anwalt verletzt seine anwaltlichen Plichten nicht, wenn er gegen den Versorgungsträger, der sich weigert, die angeordnete interne Teilung vorzunehmen und das Anwartschaftsrecht entsprechend abzusichern, auf Zahlung der Rente und Begründung eines entsprechenden Pfandrechts klagt.
2. Nimmt das Gericht bei der Verurteilung des Versorgungsträgers gegenüber der familiengerichtlichen Versorgungsausgleichsentscheidung eine Kürzung vor, weil die Anspruchsberechtigte die Altersrente bereits vor Vollendung ihres 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt, beruht dies nicht auf einer anwaltlichen Pflichtverletzung.
4. Bei der Beauftragung einer Partnerschaftsgesellschaft mbB kommt eine persönliche Haftung des ausschließlich tätigen Rechtsanwalts gemäß § 8 Abs. 2 PartGG dann nicht in Betracht, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. In diesem Fall haftet den Gläubigern gemäß § 8 Abs. 4 PartGG nur das Gesellschaftsvermögen für Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung.
(red. Leitsätze)
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 12.1.2023 – 15 U 406/21 (LG Marburg)
1 Aus den Gründen
Gründe: I. [1] Die Klägerin macht gegen den Beklagten, der mit Frau Rechtsanwältin … zur Ausübung seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt in einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (mbB) zusammengeschlossen ist, aus einem Anwaltsvertrag im Zusammenhang mit ihrer Vertretung in einem Rechtsstreit gegen die … (Im folgenden GmbH genannt) vor dem Landgericht Erfurt und in einem anschließenden Berufungsverfahren beim Thüringer Oberlandesgericht Schadensersatzansprüche geltend.
[2] Dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Erfurt war beim Amtsgericht – Familiengericht – Kirchheim ein Versorgungsausgleichsverfahren der Klägerin gegen ihren seit dem 25.6.2012 geschiedenen Ehemann [im Folgenden auch Ehemann] vorausgegangen, wobei das Amtsgericht durch Beschl. v. 11.9.2015 u.a. festgestellt hat, dass im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Ehemanns bei der GmbH zugunsten der Klägerin ein Anrecht i.H.v. 360,86 EUR monatlich nach Maßgabe der Regelung des Versorgungsvertrages vom 1.7.2005 und der Pfändungsvereinbarung zwischen der GmbH und dem Ehemann als Bestandteil der Pensionszulage übertragen wird und das Anrecht durch Begründung eines erstrangigen Pfandrechts der Klägerin an den Ansprüchen des Versorgungsträgers gegenüber der Rückdeckungsversicherung bei der Nürnberger Lebensversicherung AG entsprechend der Pfändungsvereinbarung zwischen der GmbH und dem Ehemann als Bestandteil der Pensionszusage zur Höhe des Kapitalwertes von 38.365,80 EUR zu sichern ist.
[3] In der Folgezeit beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der Umsetzung des Beschlusses des Amtsgerichts, nachdem sich die GmbH geweigert hatte, die angeordnete internen Teilung vorzunehmen.
[4] Mit einer für die Klägerin beim Landgericht Erfurt unter dem Az. 2 O 1178/17 gegen die GmbH erhobenen Klage, wobei im Rubrum der Klage als Prozessbevollmächtigte der Beklagte und die Rechtsanwältin … angeführt sind, hat der Beklagte beantragt, die GmbH zu verurteilen, 1. an die Klägerin 721,36 EUR nebst Zinsen und 2. künftig an die Klägerin ab dem 1.4.2017 jeweils am ersten des Monats 360,86 EUR zu zahlen sowie 3.zugunsten der Klägerin ein erstrangiges Pfandrecht gegenüber der Rückdeckungsversicherung bei der Nürnberger Lebensversicherung AG entsprechend der Pfändungsvereinbarung zwischen der GmbH und dem Ehemann als Bestand seiner Pensionszusage in Höhe eines Kapitalwertes von 38.365,30 EUR zu begründen
[5] Im Laufe dieses Rechtsstreits stellte sich heraus das die Nürnberger Lebensversicherung AG auf der Basis der zwischen ihr und der GmbH im Jahr 2005 getroffenen Vereinbarung bereits am 17.2.2015 der GmbH eine einmalige Kapitalabfindung angeboten und diese das Kapitalwahlrecht bis zum 1.4.2015 auch ausgeübt hat, und zwar im Hinblick darauf, dass der Ehemann bereits selbst in den Ruhestand getreten und bei der GmbH mit der Folge ausgeschieden war, dass sich sein Anwartschaftsrecht aus der Versorgungszusage in ein Bezugsrecht umgewandelt hatte.
[6] Durch Urt. v. 18.9.2018 hat das Landgericht Erfurt die GmbH verurteilt, an die Klägerin 963,51 EUR nebst Zinsen und ab dem 1.4.2017 jeweils am ersten eines Monats 321,17 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der GmbH zu 28,9 % und der Klägerin zu 71,1 % auferlegt. Außerdem hat das Landgericht Erfurt eine von der GmbH erhobene Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht Erfurt im Wesentlichen angeführt, der Anspr...